Die Warschauer Privathochschule für Ökologie und Verwaltung ist einer der Orte, an denen geflüchtete ukrainische Kinder schulisch Unterschlupf fanden. Hier lernten bis zum Ende des Schuljahres 240 ukrainische Kinder von der ersten bis zur elften Klasse, so wie sie dies in Friedenszeiten auch in der Ukraine getan hätten.
"Wir hatten mit dem Gebäude großes Glück", berichtet Antonina Michalowska, die Vizedirektorin der ukrainischen Schule SzkoUA. "Die Hochschule ging mit Ausbruch der Corona-Pandemie online, stand also leer." Im Herbst sollen die Studenten zurückkommen, aber eventuell nur abends und am Wochenende. Dann könnte die Schule, die eigentlich nur drei Monate lang existieren sollte, das Gebäude weiter nutzen. "Der polnische Staat zahlt keinen Złoty für unsere Schule dazu. Ohne Sponsoren wie die Stiftung Save the Children International, die die Miete und Personalkosten trägt, wären wir heute nicht da, wo wir sind", erklärt Michalowska. Von den zwanzig ukrainischen Lehrerinnen und dem technischen Fachpersonal spricht kaum jemand Polnisch.
Kaum staatliche Angebote
"Ohne die Hilfe von polnischen Firmenstiftungen ginge hier nichts", sagt Michalowska. "Das fängt beim Internet an. Wir haben kaum Schulbücher und müssen Lehrmaterial von ukrainischen Seiten ziehen." Wegen Corona wurden die ukrainischen Lernplattformen stark ausgebaut. "Das kommt uns jetzt zugute."

Polens Bildungsminister Przemyslaw Czarnek behauptete kurz nach Beginn des Krieges, dass es an polnischen Schulen rund eine halbe Million Plätze für ukrainische Kinder geben würde. Allerdings sind außer ein paar Klassen mit intensivem Polnischunterricht kaum spezifische Angebote entstanden. Wie sehr das an den Bedürfnissen von kriegstraumatisierten Eltern und Kindern vorbeigeht, bekannte unlängst Warschaus Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski. In Warschau gingen lediglich zwanzig Prozent aller registrierten ukrainischen Schulkinder in eine polnische Schule. "Tatsächlich scheinen die meisten ukrainischen Kinder in Polen entweder online an ihren alten Schulen weiterzulernen oder aber gar nichts zu tun. Für ein paar Monate auf eine polnische Schule zu gehen, wo sie kaum etwas verstehen, vergrößert nur den Stress", sagt Michalowska.
Die ukrainischen Schulen in Polen unterliegen nicht der polnischen Schulaufsicht. Sie wurden kurz nach Beginn der Fluchtbewegung aus dem Boden gestampft. "Bei uns hat es von der Idee bis zum ersten Gong nur drei Wochen gedauert", sagt Michalowska. In ganz Polen gibt es zurzeit einige Dutzend ukrainische Privatschulen, die neben dem polnischen Schulsystem existieren und der Schulaufsicht in Kiew unterstehen. "In unserem Fall ist es so, dass die Kinder formal auf Schulen der Gemeinde Dawidow bei Lwiw gehen, in Wirklichkeit aber hier sind. Wir haben einen Vertrag mit Dawidow abgeschlossen. Die Kinder lernen hier also rechtlich gesehen als Externe."
Hoffnung auf Rückkehr
Natalia unterrichtet an der SzkoUA in fünf Klassen Englisch. Sie ist mit zwei Kindern aus Tschernihiw aus der Ostukraine nach Polen gekommen. "Sobald die Russen abgezogen sind, wollen wir zurück in unsere Heimat." Sie sei froh, auch in Polen ukrainische Kinder unterrichten zu können, aber das Geld reiche nicht. Die Miete für eine kleine Wohnung sei zu hoch, sie habe daher Schlafplätze in einem Hostel gemietet. "Aber ich muss ja jeden Tag drei Personen durchbringen", klagt sie. "Zusätzlich unterrichte ich Kinder online, die in Tschernihiw geblieben sind. Ich vermisse sie sehr!" Sie lernten jetzt alle Polnisch, denn niemand wisse, wie lang sie noch in Polen bleiben müssten.
Anfang Juni einigte sich das polnische Bildungsministerium mit dem UN-Kinderhilfswerk Unicef auf eine "bessere Vorbereitung der ukrainischen Kinder auf das polnische Schulsystem". Denn bislang gehen nur rund 160.000 von geschätzt bis zu 800.000 schulpflichtigen Flüchtlingskindern auf polnische Schulen. Alle anderen gehen auf ukrainische Schulen in Polen, lernen online oder besuchen gar keine Schule. (Gabriele Lesser aus Warschau, 4.7.2022)