Urteilstag für Karl-Heinz Grasser.

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Seine juristischen Probleme sind alles andere als gelöst, aber immerhin kann der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser einen Etappensieg feiern. Am Montag ist der frühere Spitzenpolitiker am Landesgericht für Strafsachen Wien vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen worden. Auch sein Berater wurde freigesprochen.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft warf Grasser vor, er habe 4,38 Millionen Euro an Provisionen nicht versteuert, die er im Jahr 2007 im Zuge seiner Tätigkeit für die Meinl Power Management erhalten hatte. Er soll 2,16 Millionen Euro an Abgaben hinterzogen haben. Grassers Berater H. habe ihm dabei geholfen, einen komplexen und steuerschonenden Deckmantel zu errichten. Die Konstruktion sah eine komplizierte Stiftungs- und Firmenkonstruktion vor, die unter anderem auf einer Stiftung in Liechtenstein und einer Gesellschaft auf den British Virgin Islands aufbaute. Grasser und sein Berater H. bestritten stets jede Schuld.

Öffentlichkeit nicht dabei

Die Strafdrohung: Geldstrafe bis zum Doppelten des hinterzogenen Betrags und allenfalls eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.

In dem Verfahren vor dem Landesgericht war die Öffentlichkeit bereits zum Auftakt am 13. Juni ausgeschlossen wurden, in Steuersachen ist das nicht unüblich. Grassers Anwälte hatten den Ausschluss beantragt, das Gericht dem ohne Einwände der Staatsanwaltschaft stattgegeben. Das Gericht hat sich dabei auf Paragraf 213 des Finanzstrafgesetzes berufen, der besagt, dass Finanzstrafverfahren den höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen und daher die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann.

Causa reicht bis 2007

Bei der Verhandlung am Montag, die länger dauerte als zuerst gedacht und bei der noch ein Gutachter zu Wort kam, war die Öffentlichkeit ebenfalls nicht zugelassen. Nur bei der Urteilsverkündung und der Begründung durften Zuhörerinnen und Zuhörer anwesend sein. Grasser selbst war vor der Urteilsverkündung sichtlich angespannt – und danach offensichtlich erleichtert.

Die Causa, die vor Gericht verhandelt wurde, reicht bis in das Jahr 2007 zurück. Damals war Grasser gerade als Finanzminister ausgeschieden, er dockte bei Julius Meinl V. an. Damals wurde die Meinl International Power gegründet, die in Wind- und Solarparks in Osteuropa investieren sollte, das Kapital sollte durch einen Börsengang aufgebracht werden.

Frage der ordnungsgemäßen Versteuerung

Grasser sollte sich zu einem Drittel an der dazugehörigen Managementfirma, der erwähnten Meinl Power Management, beteiligen und aufgrund seiner Bekanntheit zur Galionsfigur und zum Aushängeschild des Projekts werden. So beschrieb es jedenfalls Julius Meinl später als Zeuge. Grasser bewarb das Projekt im Rahmen einer Roadshow für Investoren, und es kam tatsächlich zu großen Investitionen in das Projekt, wie Richter Michael Tolstuik am Montag ausführte.

Im Strafverfahren ging es um die Frage, ob Grasser sein Einkommen aus dieser Tätigkeit ordnungsgemäß versteuert hat. Die WKStA war der Ansicht, dies sei bei den Provisionszahlungen an Grasser in Millionenhöhe nicht der Fall gewesen. In seiner Urteilsbegründung wies der Richter dies zurück: Weder bei Grasser noch bei seinem Berater H. habe der Vorsatz bestanden, Steuern zu hinterziehen. Wohl sei es darum gegangen, Abgaben über die liechtensteinische Konstruktion, über die Gelder an Grasser geflossen sind, zu optimieren. Aber "es gab und gibt kein Verbot, wonach solche Konstruktionen nicht zulässig sind", so Richter Tolstuik.

Grasser kritisiert überlanges Verfahren

Der Richter führte aus, dass Grasser und sein Berater die Konstruktion im Jahr 2009 der Finanz offengelegt hätten. In einem Aktenvermerk der Finanz sei festgehalten worden, dass man über diese gewählte Konstruktion Bescheid wisse.

Diese Anmerkungen des Richters waren dann auch Anlass für Grasser, nach der Urteilsverkündung Kritik in Richtung der Justiz zu üben. "Mir ist heute Gerechtigkeit widerfahren", sagte Grasser. Er sei zwölf Jahre mit dem Verfahren belastet gewesen, finanziell sowie psychisch. So was wünsche er keinem Bürgern. Er appelliere an die Justiz, das Verfahren als Beispiel anzusehen, wie mit Bürgern "nicht umgegangen werden soll".

Grasser Rechtsanwalt Norbert Wess schilderte nach der Urteilsverkündung dann noch seine Sicht der Dinge: Demnach habe Grasser seine Leistungen für Meinl über eine eigens gegründete juristische Person, die Value Creation, erbracht. Dieser seien die Zahlungen von Meinl zuzurechnen gewesen, die juristische Person habe Körperschaftssteuer und Kapitalertragssteuer bezahlt. Bei Grasser habe nie eine Pflicht bestanden, die Beträge höchstpersönlich zu besteuern. Warum diese komplexe Konstruktion gewählt wurde – eine eigene Gesellschaft, die Leistungen erbringt, dazu Geldflüsse via Liechtenstein –, darauf wollten weder Grasser noch sein Anwalt auf Nachfrage eingehen.

Die Staatsanwaltschaft erbat sich nach der Urteilsverkündung Bedenkzeit, der Vertreter des Finanzamtes in dem Verfahren meldete bereits Nichtigkeitsbeschwerde an.

Weiteres Verfahren gegen Grasser

Grasser steht noch im Fokus eines anderen Verfahrens: Er wurde im Dezember 2020 in der Causa Buwog/Terminaltower nicht rechtskräftig zu acht Jahren Haft verurteilt. In der Causa ging es zusammengefasst um den Vorwurf, Grasser und mehrere seiner Mitangeklagten wie Walter Meischberger und Peter Hochegger hätten bei der Buwog-Privatisierung mitgeschnitten und untereinander eine Provision in Höhe von 9,9 Millionen Euro aufgeteilt. Der Finanzminister soll im Bieterverfahren, in dem zunächst die CA Immo vorne lag, dem Immofinanz-Konsortium verraten haben, was die CA Immo bieten werde. Das Konsortium bot dann einen Hauch mehr und machte das Rennen.

In dem Verfahren läuft die Berufung, es gilt die Unschuldsvermutung. (András Szigetvari, Renate Graber, 4.7.2022)