Die Inflationsrate in der Schweiz ist im Vergleich zur Eurozone immer noch moderat.

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Neuenburg – In der Schweiz hat die Inflationsrate im Juni überraschend stark zugenommen und ist erstmals seit fast 14 Jahren wieder über die Marke von drei Prozent gestiegen. Die Verbraucherpreise stiegen gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat um 3,4 Prozent, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) mitteilte. Mehr als drei Prozent Jahresteuerung gab es in der Schweiz letztmals im Juli 2008.

Ökonomen hatten lediglich mit einem Plus von 3,2 Prozent gerechnet. Verteuert haben sich vor allem Treibstoffe, Heizöl und verschiedene Lebensmittel.

Überraschende Zinswende

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte Mitte Juni nach mehr als sieben Jahren geldpolitischen Beharrens die Zinsen überraschend um einen halben Prozentpunkt auf minus 0,25 Prozent angehoben. Die Währungshüter gewichteten die Gefahr einer ausufernden Inflation höher als die Nachteile eines starken Franken für die exportorientierte Wirtschaft. SNB-Präsident Thomas Jordan hält wegen des anhaltenden Teuerungsdrucks eine weitere geldpolitische Straffung für wahrscheinlich.

Zwar ist die Inflation in der Schweiz im Vergleich zu mehr als acht Prozent in der Eurozone und in den USA vergleichsweise moderat. Die Verbraucherpreise ziehen nun allerdings seit fünf Monaten stärker an als von der Notenbank angepeilt, die zwischen null und zwei Prozent anstrebt. In Österreich betrug die Inflationsrate im Mai 7,7 Prozent, im Juni dürfte sie laut Schnellschätzung der Statistik Austria voraussichtlich bei 8,7 Prozent liegen.

In der Türkei wird immer wieder der Vorwurf laut, die Regierung würde geschönte Inflationsraten propagieren.
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Knapp 79 Prozent in der Türkei

Die Inflation in der Türkei steigt unterdessen weiter. Im Juni erhöhten sich die Lebenshaltungskosten gegenüber dem Vorjahresmonat auf 78,6 Prozent, wie das nationale Statistikamt am Montag in Ankara mitteilte. Im Vormonat hatte die Teuerungsrate rund 74 Prozent betragen.

Besonders Transport und Lebensmittel verteuerten sich im Juni auf Jahresbasis deutlich. Auch die Herstellerkosten stiegen weiter: Auf Jahressicht erhöhten sich die Preise, die Produzenten für ihre Güter erhalten, laut Statistikamt im Juni um rund 138 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat ist das ein Anstieg von rund 6,8 Prozent. Die Erzeugerpreise fließen in der Regel zeitverzögert und teilweise in die Verbraucherpreise mit ein.

Geschönte Inflationszahlen – eigentlich etwa 175 Prozent

Die Opposition wirft der Regierung vor, die Inflationszahlen zu schönen, und geht von einer deutlich höheren Rate aus. Die in Istanbul ansässige Inflationsforschungsgruppe Enag bezifferte die Teuerung für Juni im Jahresvergleich sogar auf 175,5 Prozent.

Die Inflationsrate in der Türkei wird durch mehrere Faktoren getrieben. Seit längerem sorgt die schwache Landeswährung Lira für erheblichen Preisauftrieb, da in die Türkei importierte Güter dadurch verteuert werden. Auch steigen die Preise vieler Rohstoffe, nicht zuletzt wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine. (APA, 4.7.2022)