Ihr Image war angekratzt. Pink, die Lieblingsfarbe von Barbie und Lillifee, galt in den vergangenen Jahren als Manifestation überkommener Geschlechterstereotype. In modernen Kinderzimmern hatte sie nichts mehr zu suchen. Und so zogen bei jener Elternschaft, die mit den beiden auf Kriegsfuß stand, statt Blau für die Buben und Rosa für die Mädchen Fuchsbraun und Froschgrün in die Kästen der Kleinen ein.

Es sah also ganz danach aus, als würde die Farbe das Zeitliche segnen. Bis die PR-Maschinerie für den neuen Film der Regisseurin Greta Gerwig angeworfen wurde. Die US-Amerikanerin dreht einen Film über Barbie, verkörpert von Margot Robbie. Der Ken an ihrer Seite: Ryan Gosling.

Die Bilder, die die Social-Media-Kanäle fluten, entsprechen allen Pink-Klischees: Sie zeigen Robbie in einem Cadillac und in einem Cowboy-Zweiteiler in ebendieser Farbe. Allerdings bekommt auch Gosling sein Pink ab: Die Inlineskate-Outfits sind aufeinander abgestimmt.

Margot Robbie gibt die Barbie.
Foto: IMAGO/ZUMA Press

Seither stehen nicht nur ein neuer Hashtag (#barbiecore), sondern auch viele Fragezeichen im Raum. Wird Greta Gerwig "Barbie" eine romantische Komödie? Ein Coming-of-Age-Film? Science-Fiction? Oder klärt die US-Produktion über, ähm, Hollywoods einseitige Schönheitsideale auf? Gerwigs erster Streifen "Lady Bird" war immerhin als feministischer Teenager-Film angelegt.

Das alles steht noch in den Sternen. "Barbie" scheint jedenfalls zu inspirieren. So sehr, dass die Farbe Pink plötzlich überall zu sehen ist. Und nicht nur da, wo man sie zuallererst vermutet. Die Schauspielerin Glenn Close erschien heuer zum ersten Mal zur Met-Gala. Sie wählte für jenen Auftritt ein Outfit mit Umhang von Valentino. Das Modehaus hatte mit Pantone einen eigenen Pink-Ton für seine Herbstkollektion entwickelt.

Glenn Close wählte für die Met-Gala ein pinkes Outfit von Valentino.
Foto: ANGELA WEISS / AFP

Auch Popstar Lizzo ist angefixt: Zur Präsentation ihrer Castingshow "Watch Out for the Big Grrrls" trug sie die Lieblingsfarbe des Valentino-Designers Pierpaolo Piccioli. Die Fans sind begeistert: "You look like u just came out of a Mattel Box!" Pink-Fans haben einen Sinn für Ironie. Das verwundert nicht. Schon die "Girlboss"-Kultur der Zehnerjahre setzte auf rosa Reize.

Etwas erwartbarer als Glenn Closes Farbbekenntnis: Kim Kardashian. Sie ist in rosa Regenmänteln groß geworden und hat aus ihrer Vorliebe für Pink nie ein Hehl gemacht. Zuletzt ließ sie sich von ihrer achtjährigen Tochter North in einem monochromen Ensemble von Balenciaga fotografieren.

Die interessantere Beobachtung ist aber sowieso: Pink hat nicht nur Gerwigs Ken erfasst, die Farbe greift längst geschlechterübergreifend um sich.

Elvis in Rosa!
Foto: 2022 Warner Bros. Entertainment Inc.

Die Modedesignerin Marine Serre stattet Frauen wie Männer in Pink aus, Bands wie Maneskin betreten in puderrosa Anzügen die Bühne – und ja, selbst Elvis bringt in Baz Luhrmanns Verfilmung die Fans in Rosa zum Kreischen. Auch wenn es sich dabei um einen künstlerischen Eingriff in die Elvis-Geschichtsschreibung handelt, die Botschaft passt: Vor Pink muss niemand Angst haben. (feld, 6.7.2022)