Fabio Jakobsen ...

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... und Dylan Groenewegen.

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Sönderborg – Fabio Jakobsen musste dringend etwas klarstellen. "Vor dem Crash habe ich seine Erfolge bewundert und ein wenig zu ihm aufgeschaut", sagte der Tour-de-France-Etappensieger von Samstag einen Tag später über seinen Nachfolger und Widersacher Dylan Groenewegen. "Aber das ist nach dem Sturz, wegen des Fehlers, den er gemacht hat, komplett weg."

Eine der unglaublichsten Radsport-Geschichten wurde beim Auftakt-Wochenende der Frankreich-Rundfahrt um ein weiteres Kapitel ergänzt. Groenewegen, dessen Manöver seinen Landsmann Jakobsen vor zwei Jahren fast getötet hätte, scheint für Jakobsen nicht mehr als ein Name auf den Ergebnislisten zu sein. Gründe für das extrem unterkühlte Verhältnis der Sprint-Asse gab es bereits vor den beiden aufeinanderfolgenden Tagessiegen en masse.

Schwere Verletzung

Im August 2020 hätte Jakobsen der Rennunfall fast das Leben gekostet. In einem Zielsprint bei der Polen-Rundfahrt war er von Groenewegen in die Absperrung gedrängt worden. Mit schweren Kopfverletzungen und nur noch einem Zahn im Mund lag Jakobsen im künstlichen Koma.

"In dieser dunklen Phase hatte ich Angst, nicht zu überleben", sagte der 25-Jährige: "Es war ein langer Weg. Ich bin Schritt für Schritt zurückgekommen. Ich bin wirklich glücklich." Eine Entschuldigung von Groenewegen, für den der Triumph in Sönderborg der fünfte Tour-Etappensieg war, blieb bei einem Treffen laut Jakobsen aus. Groenewegen beschreibt die Lage anders – so ist eine nachträgliche juristische Auseinandersetzung von Jakobsens Seite aus weiterhin nicht ausgeschlossen.

Groenewegen war nach dem Crash vom Weltverband UCI monatelang gesperrt worden, erhielt keinen neuen Vertrag bei Jumbo-Visma. "Es sei sehr wichtig für ihn, dass "mein neues Team mir vertraut", sagte der BikeExchange-Jayco-Profi nach dem ersten Tour-Erfolg nach der Zwangspause. Ein Ton zu Jakobsen? Fehlanzeige.

Weitere Kapitel

Sicher ist nach dem Auftakt-Wochenende in Dänemark: Die Wege der beiden formstarken Niederländer werden sich abseits der privaten Querelen in den Sprintzügen der 109. Ausgabe der prestigeträchtigsten Landesrundfahrt weiter kreuzen. Bis dahin bleibt aber noch etwas Zeit, um die Gemüter weiter herunterzukühlen und das Erlebte noch ein wenig sacken zu lassen.

Denn im windanfälligen Terrain der vierten Etappe von Dünkirchen nach Calais wartet am Dienstag auf das Peloton über viele Kilometer ein ständiges Auf und Ab, gleich sechs Bergwertungen der 4. Kategorie werden ausgefahren. Der Tag ist wie geschaffen für Ausreißer. Sehr vieles spricht gegen ein erneutes Duell Jakobsen gegen Groenewegen.

Die Grundlage für weitere Kapitel ist im weiteren Tour-Verlauf aber gegeben. Jakobsen ist jedenfalls bereit für mehr: "Ich weiß, dass ich es in meinen Beinen habe, die Geschwindigkeit ist da." (sid, 4.7.2022)