Egal ob beim von "Kicken ohne Grenzen" organisierten Girls Cup Vienna ...

Foto: Raphael Krottenauer

... oder beim Liga-Match in Döbling: Der Ball rollt und fliegt.

Foto: Tom Seiss

Für Spannung ist da wie dort gesorgt.

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Und der Spaßfaktor bei allen Beteiligten ist auch nicht zu unterschätzen.

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Einsiedler-Park, Wien-Margareten, an einem Samstag im Juni: Der Girls Cup Vienna ist voll im Gange. Mädchen zwischen zwölf und 18 Jahren kämpfen auf dem kleinen betonierten Feld um den Ball und um die Tore. Ein paar Buben sitzen auf einer Bank neben dem Spielfeld und schauen zu. Das Turnier ist nur für Mädchen. Als Stargast war Frankfurt-Trainer Oliver Glasner gekommen. Organisiert wird der Cup vom Verein Kicken ohne Grenzen, 2022 sind insgesamt drei Turniere geplant. Im März wurde der Henriettenplatz bespielt, im September geht es auf den Stillfriedplatz in Ottakring. "Uns war wichtig zu zeigen, dass Mädchenfußball nicht nur in Stadien und auf Fußballplätzen stattfindet. Der öffentliche Raum hat eine andere Sichtbarkeit", erklärt Initiatorin Stefanie Schlögl die Idee hinter dem Cup.

Auf dem Platz geht es engagiert, aber sehr fair zu. Schlögl: "Nach einem Turnier sind die Schiedsrichter zu uns gekommen und haben gesagt, dass das die besten Spiele wären, die sie jemals geleitet hätten." Auch Sahar geht an diesem Tag auf die Jagd nach Toren. Die Zwölfjährige kommt ursprünglich aus Kabul, ist seit 2016 in Österreich, geht in Wien zur Schule und spielt beim Verein FC Altera Porta. Fußball ist für sie "easy". Vorurteile von Buben kennt sie eigentlich nicht: "Die Jungs waren immer total nett zu mir." Ihre Vorbilder sind die beim FC Chelsea engagierte Australierin Samantha Kerr und Nadia Nadim. Die Dänin mit afghanischen Wurzeln wechselte 2021 von Paris Saint-Germain zu Louisville in die USA. Am Fußball mag sie eigentlich "alles, vor allem das Toreschießen. Nur Verlieren ist nicht meine Stärke." Aber: "Wenn ich ein Tor geschossen habe, ist das Verlieren auch nicht ganz so schlimm."

Institutionen im Frauen- und Mädchenfußball

Sehr ähnlich verhält es sich garantiert auch im Vereinsfußball. Angesagte Stationen dafür sind etwa der USC Landhaus, der als Ausbildungsverein mit Sprungbrettfunktion in der drittklassigen Wiener Frauenliga engagiert ist, oder der in der Bundesliga mitmischende First Vienna FC in Döbling. "Der Zulauf ist in Ordnung", sagt Frauensektionsleiter Martin Malecek von USC Landhaus. Bei den Floridsdorfern gibt es vier Nachwuchsteams: U15, U13, U11 und die Sechs- bis Achtjährigen. Ein Fußballkindergarten für Buben und Mädchen sei beim Verein der Sportunion noch Vision. "Unionspräsidentin Dagmar Schmidt ist da sehr dahinter", sagt Malecek, der früher im Wiener Fußballverband für die Mädchen im Nachwuchs zuständig war.

Bei den Kleinen gibt es keine Aufnahmehürden, auch nicht bei der Vienna. "Im unteren Bereich nehmen wir alle, je höher es dann geht, etwa ab 14 Jahren, sind wir in der Lage, ein bisserl auswählen zu können", sagt Nina Burger. Österreichs Rekordteamspielerin fungiert seit 2020 als sportliche Leiterin Frauen bei den Blau-Gelben in Döbling, die 1989 als erster Bundesligist eine Frauensektion gegründet haben.

Döblinger Vorzeigeverein

"Wir machen sehr viel im Nachwuchsbereich, sind sehr dahinter", sagt Burger. Es zeige sich, dass immer wieder Spielerinnen in die Bundesligamannschaften aufrücken. "Wir sind ein Vorzeigeverein im Frauenfußball, der nicht nur auf die Spitze, sondern auch auf die Breite schaut", sagt Burger.

Die Döblinger stocken ab kommender Saison von drei auf vier Mädchenteams (U10, U12, U14 und U16) auf. Auch bei der Vienna passt der Zulauf, weil man sich etwa in Schulen aktiv darum bemüht und Probetrainings anbietet. Ab etwa acht Jahren darf man sich bei der U10 versuchen. "Darunter gibt es die Möglichkeit für Mädchen und Burschen, zum Zwergentraining zu gehen. Da werden Bewegungseinheiten mit Schwerpunkt Fußball angeboten", sagt Burger.

Malecek und Burger berichten, dass sich der Frauenfußball in den vergangenen Jahren qualitativ und quantitativ gut entwickelt habe und dass trotz Corona-bedingter Unterbrechung generell nur wenige hinschmeißen. Malecek: "Es ist etwas weitergegangen." Von den 171.973 in der vergangenen Saison in Österreich gemeldeten Fußballerinnen und Fußballern sind zwar nur 6,5 Prozent weiblich, doch von den 11.251 Mädchen und Frauen sind 7897 (rund 70 Prozent) im Nachwuchs engagiert.

Einen großen Anteil an der Entwicklung hatte der im Dezember verstorbene Gerhard Traxler. Der frühere Obmann bei Landhaus galt als Pionier des Frauenfußballs hierzulande. "Oft hat er erzählt, dass Männer nur schauen gekommen sind, um sich zu belustigen", sagt Malecek. Mittlerweile habe sich das zum Besseren geändert.

EM als Impulsgeber

Malecek hofft, dass ähnlich wie bei der EM vor fünf Jahren auch die am Mittwoch startende EM in England als Katalysator für den Mädchen- und Frauenfußball dient. Sponsoren seien speziell in Wien schwer zu finden. Ohne die Mithilfe der zahlreichen, meist nur durch Aufwandsentschädigungen belohnten Ehrenamtlichen wäre der Trainingsbetrieb nicht aufrechtzuerhalten. Auch wenn mittlerweile die Coaches und ihre Methoden besser seien – so werde etwa bereits im Nachwuchsbereich taktisch gearbeitet –, brauche es laut Burger für Kinder und Jugendliche mehr gut ausgebildete Trainer und deren Förderung in Sachen Fortbildung. Es sei "sogar für die Vienna als namhafter Verein schwer, Trainer zu bekommen, die einiges drauf haben".

Burger und Malecek begrüßen die Entscheidung Rapids, sich nun auch dem Frauenfußball zu widmen. "Es ist wichtig, dass der nächste namhafte Verein ein Frauenteam stellt", sagt Burger. Bevor Landhaus die 2021 ausgelaufene sechsjährige Kooperation mit der Austria beschloss, wurden Gespräche mit Rapid über eine Zusammenarbeit geführt. Carsten Jancker, früher Stürmer bei Rapid und Bayern München, später Nachwuchs- und Co-Trainer bei den Hütteldorfern, soll laut Malecek damals gesagt haben: "Was soll ich mit Madln machen?" (Andreas Hagenauer, Thomas Hirner, 5.7.2022)