Russland hat sich mittlerweile zu Indiens Hauptlieferant bei Öl entwickelt.

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Wien – Da der Westen den Import von russischem Öl boykottiert, bietet es Moskau Staaten wie China und Indien mit einem Preisabschlag von rund 25 bis 30 Prozent gegenüber Brent an. Indische Raffineriebetreiber griffen zu und exportierten daraus erzeugte Treibstoffe gewinnbringend nach Europa. Diesen lukrativen Geschäften schiebt die indische Regierung nun einen Riegel vor: Seit Freitag werden auf Ausfuhren von Diesel und Benzin Zölle erhoben.

Für den Export von Diesel werden nun umgerechnet 16 Cent pro Liter fällig, bei Benzin beträgt der Zoll acht Cent. Zusätzlich werden die Unternehmen verpflichtet, den Heimatmarkt mit einer Spritmenge zu versorgen, die mindestens der Hälfte des Exportvolumens entspricht. Der Schritt könnte für eine Verknappung an europäischen Zapfsäulen sorgen. Denn Indien ist zuletzt zum bedeutenden Lieferanten und wichtigen Alternative zu Lieferungen aus Russland geworden.

Anstieg um die Hälfte

Im Mai kamen Daten des Dienstleisters Vortexa zufolge 540.000 Tonnen Diesel und Benzin aus Indien nach Europa – um 50 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, berichtet das Handelsblatt. Mit etwa 2,6 Millionen Tonnen stammte der Großteil von Europas Treibstoffimporten allerdings weiterhin aus Russland.

Die russische Ölförderung läuft nach Einschätzung von Rohstoffexperten Carsten Fritsch von der Commerzbank auf hohem Niveau. "Russlands Produktion hat bislang nicht so deutlich gelitten, wie viele zunächst annahmen, liegt aber noch deutlich unter Vorkriegsniveau", berichtete Fritsch. Im Juni förderte das Land täglich rund 10,7 Millionen Fass Öl, davon sind dem Datendienstleister Kpler zufolge etwa 1,2 Millionen Barrel pro Tag an indische Abnehmer geflossen.

Russland als Hauptlieferant

Damit dürfte Russland zu Indiens Hauptlieferanten geworden sein, nachdem das Land vor dem Ukraine-Krieg nur geringe Mengen aus Russland bezogen hat. Davon soll jetzt mehr im Inland verbleiben, um den Treibstoffmangel zu verringern – zumal steigende Spritpreise auch in Indien die derzeit rund siebenprozentige Inflationsrate hochhalten. Zumal das Land ohnedies unter dem Verfall der Rupie leidet, wodurch Importe generell teurer werden – am Freitag markierte sie ein neues Rekordtief gegenüber dem Dollar. Aus Schwellenländern fließt meist viel Kapital ab, wenn wie derzeit die US-Zinsen steigen. (aha, 5.7.2022)