Allmächtiger! Wohin soll das nur führen! So und ähnlich lauten in Deutschland einige Reaktionen auf das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Ampelkoalition. Denn dieses wird allen Menschen erlauben, ihr Geschlecht – weiblich, männlich oder divers – sowie einen Vornamen am Standesamt selbst festzulegen. Von der gottgewollten Ordnung, an der so mancher festhalten möchte, ist dann nicht mehr viel übrig.

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen der Vorstellung des Eckpunktepapiers zum Selbstbestimmungsgesetz in Berlin.
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Doch die Sorge, dass nach Inkrafttreten die Ämter gestürmt werden und Millionen Männer schnell mal zu Frauen werden und umgekehrt, ist unberechtigt. Es geht hier nicht um die Möglichkeit eines Wechsels je nach aktueller Tageslaune. Bei den meisten wird alles so bleiben, wie es ist, inklusive Vorname. Das neue Gesetz ist jedoch eine große Erleichterung für jene Menschen, die am Geschlecht, das in ihrer Geburtsurkunde steht, leiden, weil es für sie nicht das Richtige ist. Jahrzehntelang mussten sie ein demütigendes Verfahren durchlaufen und dem Staat privateste und intimste Auskünfte geben, die diesen nichts angehen. Erst dann war eine kostspielige Änderung möglich.

Noch schlimmeren Auswüchsen wie einst verpflichtenden operativen Eingriffen hat das Verfassungsgericht immerhin 2011 einen Riegel vorgeschoben. Nun wirft die Ampel das alte Transsexuellengesetz auf den Misthaufen und schafft etwas Neues, das vielen helfen wird. Es ist ein wichtiger Schritt. (Birgit Baumann, 5.7.2022)