Die Verfahren dauerten lange und seien nicht fair, in der Öffentlichkeit werde er vorverurteilt: Karl-Heinz Grasser und seine Anwälte ließen in den vergangenen Monaten kein gutes Haar an der Justiz. Aus Sicht Grassers kein Wunder: Im Buwog-Verfahren wurde er nicht rechtskräftig zu acht Jahren Haft verurteilt. Ein am Montag zu Ende gegangener Prozess gegen den früheren Finanzminister (FPÖ, ÖVP) zeigt jedoch, dass die Vorwürfe Grassers weitgehend ins Leere gehen.

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Rechtanwalt Norbert Wess nach Ende des Prozesses wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung.
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Grasser war in dem Verfahren angeklagt gewesen, Steuern in Höhe von über zwei Millionen Euro hinterzogen zu haben. Nun gab es für ihn und seinen mitangeklagten Berater H. einen Freispruch. In der Begründung hielt Richter Michael Tolstiuk fest, dass die Staatsanwaltschaft keinen Vorsatz für eine Hinterziehung habe nachweisen können. Die Frage, warum ein Ex-Finanzminister abenteuerliche Konstruktionen über eine Stiftung in Liechtenstein wählte, um Steuern in Österreich zu sparen, muss er sich freilich gefallen lassen. Das ändert aber nichts daran, dass Grasser offensichtlich völlig legal handelte.

Das unabhängige Gericht hat jedenfalls genau das getan, was seine Aufgabe ist: die Beweise abgewogen und letztlich dem Angeklagten in seiner Argumentation Glauben geschenkt. Der Rechtsstaat hat geliefert. Einziger Makel an der Sache ist die überlange Verfahrensdauer: Seit mehr als zehn Jahren wurde gegen Grasser ermittelt. (András Szigetvari, 4.7.2022)