Gewerkschafter Loner spricht von massiven Problemen im täglichen Betrieb.

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Innsbruck – In der Nacht auf Dienstag wandte sich der Betriebsrat des Roten Kreuzes Innsbruck mit einem dramatischen Hilferuf an die Medien: "Das System des Rettungs- und Krankentransportdienstes im Zentralraum Innsbruck befindet sich im totalen Zusammenbruch – es ist nicht fünf nach zwölf, sondern bereits halb eins!" Der Vorsitzende des Betriebsrats, Daniel Loner, beschreibt die Lage als "zunehmend belastend". Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten so gut wie keine Möglichkeit mehr, vorgeschriebene Pausen einzuhalten.

Im Rettungsalltag sei das ein massives Problem, wie Loner beschreibt: "Im Notfallrettungsdienst sollte die Auslastung maximal 80 Prozent betragen, um freie Ressourcen für Notfälle zu haben." In der Praxis liege man in Innsbruck aber sehr oft bei 100 Prozent Auslastung. Das liege vor allem auch daran, dass immer mehr Transportfahrten, die eigentlich keiner Notfallbetreuung bedürfen, an den Rettungsdienst ausgelagert werden.

Krisentreffen am Freitag

Nicht nur in Innsbruck, sondern auch in anderen Bezirksstellen brodelt es gehörig. Am kommenden Freitag werden sich daher Betriebsrätinnen und Betriebsräte der Tiroler Rotkreuz-Bezirksstellen bei der Gewerkschaft Vida in Innsbruck zum Gespräch treffen. "Vor allem entlang der Inntal-Achse sind die Probleme dieselben", weiß Loner, der auf einen Schulterschluss hofft.

Denn die Organisation des Rettungsdienstes in Tirol sei ein "schwieriges Konstrukt". Auftraggeber ist das Land, Auftragnehmer die Rettungsdienst GmbH (RD), die wiederum mit den einzelnen Bezirksstellen sowie dem Samariterbund Tirol, der Johanniter-Unfallhilfe, dem Malteser-Hospitaldienst und dem Österreichischen Rettungsdienst zusammenarbeitet. In der Pflicht sieht man seitens des Betriebsrats aber das Land Tirol, wie Loner erklärt: "Es braucht sofort eine Ressourcenanpassung, um der Überlastung entgegenzuwirken."

Landesrätin Leja gesprächsbereit

Die zuständige Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP) erklärte dazu dem STANDARD, dass sie mit der Geschäftsführung der RD im "engen Austausch" stehe und man ihr versichert habe, die Versorgung sei gewährleistet. Hinsichtlich Verbesserungen der Arbeitssituation im Rettungsdienst sei sie "selbstverständlich gesprächsbereit".

Auch Gebi Mair, Klubobmann der Tiroler Grünen und ehrenamtlicher Bergretter und Rettungssanitäter, meldete sich nach dem Hilferuf zu Wort: "Die rettungsdienstliche Versorgung im Großraum Innsbruck ist wirklich am Anschlag. Als Politik können wir hier nicht einfach zuschauen, sondern müssen eine Sicherheitsreserve schaffen." Zwölf-Stunden-Dienste ohne Pause seien für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter "nicht aushaltbar" und auch für die zu Behandelnden risikoreich, erklärte Mair. Es sei nun Zeit für die Politik zu handeln, sagte der grüne Klubobmann, dessen Partei mit der ÖVP regiert. Offenkundig seien die zugrundeliegenden Mengengerüste des Vertrages mit der RD nicht mehr ausreichend.

Rotes Kreuz: "Versorgung zu 100 Prozent gewährleistet"

Auch das Rote Kreuz Tirol selbst betonte in einer Aussendung, dass "die Sicherheit unserer Klient:innen sowie die Versorgung von akut verletzten oder erkrankten Personen im ganzen Land zu 100 Prozent gewährleistet waren und sind". "Jeder, der in Tirol die Hilfe der Rettung braucht, wird diese schnell, effizient und zuverlässig auch erhalten. Das war in den letzten Jahren so und wird auch in Zukunft gesichert sein", betonte RD-Geschäftsführer Andreas Karl. Man zeigte aber auch Verständnis für den Betriebsrat. Dass die Belastung für Sanitäterinnen und Sanitäter in den vergangenen Jahren – so wie in anderen medizinischen Bereichen auch – merklich gestiegen ist, sei unbestritten: "Wir haben Verständnis für den Betriebsrat und begrüßen den Dialog, bitten aber auch gleichzeitig darum, sich konstruktiv dem Problem zu widmen."

Vonseiten des Roten Kreuzes sei in Abstimmung mit dem Land in den vergangenen Monaten an mehreren Verbesserungen gearbeitet worden, die eine merkliche Entlastung bringen sollen. So sei insbesondere von der Rotes-Kreuz-Bezirksstelle in Innsbruck vor kurzem schon ein Nachtkrankentransportwagen in Dienst gestellt worden. Überdies werde ein zusätzlicher Rettungswagen ab August im Großraum Innsbruck tätig sein, sahen die Verantwortlichen in die Wege geleitete Verbesserungen. (ars, APA 5.7.2022)