Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner gilt immer noch als eine der stabilsten Landesparteivorsitzenden.

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St. Pölten – Im Vorfeld der niederösterreichischen Landtagswahl sorgt eine aktuelle Umfrage für angeregte Diskussionen in St. Pölten: Im Auftrag der "Niederösterreichischen Nachrichten" stellte das Institut für Demoskopie und Datenanalyse (IFDD) die Sonntagsfrage zur Landtagswahl. Das Ergebnis der Online-Umfrage mit 800 Befragten: 41 Prozent für die ÖVP, 26 für die SPÖ, 17 für die FPÖ, jeweils sechs Prozent für Grüne und Neos und drei für die impfgegnerische MFG.

Das wäre vor allem für die Volkspartei von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ein herber Verlust: Sie konnte ja bei der Landtagswahl 2018 die absolute Mehrheit erreichen. Die SPÖ dagegen könnte leicht zulegen, genauso wie die FPÖ. Grüne und Neos hielten ihr Niveau demnach. Die Schwankungsbreite der Umfrage wird mit 3,8 Prozentpunkten angegeben. Regulär wählt Niederösterreich Anfang 2023.

Fallen unter die 40-Prozent-Marke als Schreckensszenario

Unter die 40-Prozent-Marke zu fallen ist aus Sicht der niederösterreichischen Volkspartei ein Schreckensszenario. Wenngleich die Partei darauf eingestellt sein dürfte, dass Mikl-Leitner ihre absolute Mandatsmehrheit wohl nicht halten können wird – immerhin befand sich die Bundes-ÖVP 2018 unter Sebastian Kurz im Aufschwung, man hatte gerade eine erfolgreiche Nationalratswahl geschlagen. Und Mikl-Leitner selbst war gerade erst als Nachfolgerin von Erwin Pröll inthronisiert worden, sie konnte einen Amtsinhaberinnenvorteil ohne Abnutzungserscheinungen nutzen.

All das ist nun freilich anders: Mikl-Leitner regiert seit insgesamt fünf Jahren als Landeshauptfrau. Sie gilt immer noch als die stärkste schwarze Landesparteiobfrau, ihre Regierung wurde von keinen großen Krisen oder Skandalen erschüttert, wie das etwa in Tirol oder Vorarlberg der Fall war. Allerdings ist die Arbeit der Landesregierung mittlerweile von Konflikten geprägt, SPÖ und FPÖ reiben sich – nicht zuletzt wegen der bevorstehenden Landtagswahl. Das von Mikl-Leitner ausgerufene "Miteinander", die konstruktive Zusammenarbeit aller in der Landesregierung vertretenen Parteien, ist zur leeren Phrase verkommen.

Krise im Bund, Pannen im Land

Dazu kommt, dass auch das Image der Landeshauptfrau nicht mehr ohne Schrammen ist: Nach wie vor hängt ihr der "Rote bleiben Gsindl"-Chat aus ihrer Zeit als Innenministerin nach. Für ihren verunglückten Ratschlag, im Sinne des Klimaschutzes nur drei und nicht zehn Ballkleider zu besitzen, entschuldigte sich Mikl-Leitner jüngst per Leserinnenbrief in der "Krone".

Und die Bundes-ÖVP befindet sich in ihrer schwersten Krise seit Jahrzehnten; sie ist nicht nur mit der Bewältigung globaler Krisen wie Krieg, Teuerung und Pandemie beschäftigt, sondern auch mit immer neuen Korruptionsvorwürfen gegen ihre Funktionärinnen und Funktionäre.

Interesse an Nationalratswahlen im Herbst?

Wegen des schwierigen Trends im Bund mutmaßen manche Strategen – außerhalb der Volkspartei –, dass Mikl-Leitner auf eine vorgezogene Nationalratswahl im Herbst drängen könnte. Die Überlegung: Wenn ein Wahlverlust von Kanzler Karl Nehammer samt darauffolgender Neuaufstellung unvermeidbar ist, sollte man es aus niederösterreichischer Sicht hinter sich bringen. Dann wäre bei einer Landtagswahl im März genug Zeit für eine Abgrenzung zum Bund und einen vernünftigen Wahlkampf in Manier der ÖVP Niederösterreich.

Aber es gibt ja in Niederösterreich nicht nur die Volkspartei (auch wenn manchmal ein anderer Eindruck entsteht). Was haben die anderen Parteien von der Schwäche der ÖVP? Die SPÖ scheint, zumindest in der Momentaufnahme der Umfrage, gestärkt. Der Abstand zur Landeshauptfraupartei wäre auf 15 Prozentpunkte geschrumpft. Landesparteichef Franz Schnabl konnte zudem im Vertrauensindex zulegen. Auch die FPÖ legt demnach leicht zu, allerdings ausgehend vom schlechten Ergebnis bei der Landtagswahl nach der Liederbuch-Affäre.

Nicht vom Fleck kommen laut der Umfrage Grüne und Neos. Die impfgegnerische MFG wäre demnach überhaupt kein Thema: Mit drei Prozent der Stimmen würde sie den Einzug in den Landtag versäumen. Auch das könnte sich allerdings ändern, wenn sich die Corona-Lage wieder verändert. (Sebastian Fellner, 6.7.2022)