Der Klimawandel setzt den Bergen zu. Das führt zu Katastrophen wie jenen in den Dolomiten.

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Rom/Trient – Die italienische Vereinigung der Bergführer fordert nach dem tödlichen Gletschersturz in den Dolomiten mehr Voraussicht bei der Auslastung der Wanderrouten. "Man muss über eine Frequentierung basierend auf Vorsicht und Kenntnis über die Bedingungen auf den Reiserouten nachdenken", sagte die Sprecherin des Guide Alpine Italiane, Sara Sottocornola.

Die Bergführer in den Alpen reagierten bereits seit einiger Zeit auf die Veränderungen in den Gebirgen und suchten nach alternativen Routen. Den Besuch in den Bergen jetzt aufzugeben sei nicht sinnvoll.

Experten: Gletscherbruch ist Folge des Klimawandels

Am Sonntag brach am Berg Marmolata an der Grenze zwischen dem Trentino und der Region Venetien eine Masse aus Eis, Schnee und Geröll ab, rauschte talwärts und begrub mehrere Bergsteiger unter sich. Die Behörden bestätigten bis Dienstagabend sieben Tote und acht Verletzte, darunter zwei Deutsche. Fünf vermisste Italiener wurden noch gesucht. Der Gletscherbruch ist laut Experten eine Folge des Klimawandels, durch den die Temperaturen steigen.

Ein solcher Vorfall sei sehr selten, und es sei unmöglich, ihn vorherzusagen, erklärte Sottocornola. Das Hochgebirge verändere sich seit mindestens 20 Jahren. Bis vor 30 Jahren sei die Jahreszeit noch sehr zuverlässig gewesen, aber heute sei das nicht mehr so. Jeder Wanderweg müsse im Hinblick auf die Saison und die Wetterbedingungen untersucht werden. "Wenn man weiterhin in die Berge will, muss man die Art, wie man dorthin geht, überdenken, und die Bedingungen dort schon zu Hause vor der Abreise aufmerksam einplanen", sagte Sottocornola.

"Unvorhersehbares Ereignis"

Nach dem Unglück schließt der zuständige Oberstaatsanwalt von Trient, Sandro Raimondi, Fahrlässigkeit als Ursache für die Tragödie aus. Der Gletscherbruch sei ein "unvorhersehbares Ereignis gewesen", so Raimondi im Interview mit Rai 3 am Dienstagabend. Dies gehe klar aus den ersten Untersuchungen hervor. Der Staatsanwalt reagierte damit indirekt auf die Vorwürfe einiger Angehöriger der Todesopfer.

Da die Lawinengefahr am Sonntag groß gewesen sei, hätte nach Ansicht der Angehörigen wegen der hohen Temperaturen der Zugang zum Berg verboten werden sollen. In der Marmolata-Hütte auf dem Gletscher wurden inzwischen Überwachungsgeräte installiert, mit denen die kleinsten Veränderungen der Gletscherfront – sowohl der abgebrochenen als auch der intakten – erfasst werden können, erklärte der Experte Marco Gaddo. Die von den Instrumenten erfassten Daten werden zur Analyse und Verarbeitung an ein Kontrollzentrum übermittelt.

"Der Gletscherbruch war ein außergewöhnliches, sogar ein einzigartiges Ereignis, was von den vielen Experten bestätigt wird. Auf dem Gletscher gab es auch Bergführer und damit Leute, die den Berg bestens kannten", sagte der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti. (APA, red, 6.7.2022)