Die Raffinerie in Schwechat ist kaputtgegangen. Die Reparaturen sollen bis Herbst dauern.

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Wien – Österreich geht der Diesel aus, berichtete die "Presse" am Dienstagabend. In den kommenden zwei Tagen könnte das zweite Mal auf die staatliche Notreserve zugegriffen werden. Bereits in den vergangenen zwei Tagen sei einzelnen, kleineren Tankstellen der Diesel ausgegangen, die Knappheit soll sich bis Ende des Sommers verschärfen.

Der Staat hat zum Ausgleich schon einmal Notreserven freigegeben, nun könnte es ein zweites Mal dazu kommen. Die Regierung will in den kommenden Tagen darüber beraten. Im Gespräch sei auch Tempo 100 auf Autobahnen. Berechnungen des Umweltbundesamts haben ergeben, dass dadurch ein Viertel des Sprits gespart werden könnte.

OMV erwartet längere Raffineriereparatur

Die Knappheit habe mehrere Gründe: erstens, weil Europa Diesel importiert – es wird mehr verbraucht als hergestellt. Zweitens wird mehr Treibstoff benötigt, weil es im Abebben der Pandemie mehr Mobilität gibt. Drittens wird auf Importe aus Russland verzichtet, obwohl das Ölembargo noch nicht offiziell in Kraft ist. Der vierte Grund: Mehrere Raffinerien stehen in Europa gerade wegen Wartungsarbeiten still. Und bei solchen Wartungsarbeiten ist Österreichs einzige Raffinerie in Schwechat kaputtgegangen. Die Reparaturen sollen bis zum Herbst abgeschlossen sein.

Laut "Presse" versucht die OMV nun, den Bedarf einigermaßen auszugleichen. Eine kleine, alte Raffinerie am Gelände sei wieder angeworfen worden. Sie könne 20 Prozent der ursprünglichen Leistung ersetzen.

Zu dem begrenzten Angebot kommt erschwerend eine steigende Nachfrage hinzu. Diese sei einerseits auf das Ende der Corona-Beschränkungen und andererseits auf den stark gestiegenen Güterverkehr in Europa im Zuge des Ukraine-Krieges zurückzuführen. "All diese Tatsachen führen zu einer enorm steigenden Anfrage und einer Bevorratung durch Kundinnen und Kunden", sagte Hedwig Doloszeski, Geschäftsführerin des Mineralölverbands, zur APA.

Regierung beruhigt – Tempo 100 "immer gute Idee"

Die Preise steigen dagegen immer weiter an, mit über zwei Euro kostet ein Liter Diesel im Juni laut ÖAMTC so viel wie noch nie. Der Autofahrerklub und die Arbeiterkammer (AK) fordern ein Gegensteuern von der Politik.

Nach dem Ministerrat am Mittwoch war die Regierung um Beruhigung bemüht: Man habe "derzeit keine Versorgungsknappheit" bei Diesel und Benzin, sagte Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne). Bisher habe die OMV die Ausfälle nach dem Raffinerie-Unfall kompensiert, betonte auch Kanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Laut Gewessler ist zurzeit auch nicht geplant, weitere Ölreserven freizugeben – man beurteile die Situation aber jeden Tag neu, und wenn es notwendig sei, werde man auch wieder "umsichtig" auf die Reserve zugreifen. Dass Tempo 100 auf der Autobahn bevorstehen könnte, wurde ebenfalls nicht bestätigt, wiewohl die Klimaschutzministerin anmerkte: "Runter vom Gas ist immer eine gute Idee – schont das Klima, schont das Geldbörsel." (APA, 6.7.2022)