Die Mathematikerin Maryna Viazovska erhielt die Fields-Medaille.
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Es gibt zur Abwechslung gute Nachrichten für die Ukraine: Die junge Mathematikerin Maryna Viazovska hat die Fields-Medaille, die oft als Nobelpreis für Mathematik bezeichnet wird, erhalten.

Viazovska stammt aus Kiew und studierte in Berlin und Princeton, bevor sie als Professorin an die technische Hochschule EPFL in Lausanne wechselte. Als Forscherin interessiert sich die heute 37-Jährige für Kugeln. Sie fragt sich, salopp gesagt, wie viele Kugeln in eine Kiste passen – ein Thema, über das laut Forschungsgemeinde immer noch peinlich wenig bekannt ist.

Das Thema beschäftigte bereits Johannes Kepler. Der Astronom und Astrologe fragte sich, warum Schneekristalle sechseckig sind, und kam zu der verblüffenden Erklärung, dass womöglich kleinste kugelförmige Bestandteile besonders platzsparend zu einem sechseckigen Muster gepackt wurden. Von Wassermolekülen konnte Kepler noch nichts wissen, dennoch war er auf der richtigen Spur – ein sechseckiges Muster ist tatsächlich am geeignetsten.

Elegante Lösung

In unserer bekannten Welt mit drei Raumdimensionen ist das Problem anschaulich – und lässt sich mit ein paar Orangen auch in den eigenen vier Wänden gut experimentell nachstellen. Fügt man weitere Dimensionen hinzu, versagen Experimente und die menschliche Vorstellungskraft. Die Fragestellung wird hoch abstrakt.

Die optimale Lösung zu finden sei verhältnismäßig einfach, erklärt die Forscherin. Die Schwierigkeit bestehe im Beweis, dass es keine bessere Lösung geben kann.

2016 schaffte es Viazovska, für den Spezialfall eines achtdimensionalen und vierundzwanzigdimensionalen Raums eine elegante Lösung zu finden. Elegant auch deshalb, weil in der Mathematik wie in anderen Wissenschaftsbereichen vermehrt auf Computer zurückgegriffen wird. Viazovska fand auf altmodischem Weg eine Lösung für das Problem, das zwei ihrer Kollegen aufgegeben hatten, und erhielt dafür nun als erst zweite Frau die Fields-Medaille.

Große Verantwortung

Sie selbst zeigt sich von der gestiegenen Aufmerksamkeit für ihre Arbeit beeindruckt und spürt die Verantwortung. Das Gebiet ist abstrakt, aber bei Problemen der Signalverarbeitung erwartet sie sich dennoch mögliche Anwendungen.

An ihrem Arbeitsplatz in der Schweiz ist Viazovska im Gegensatz zu vielen ihrer Landsleute vor dem Krieg in ihrer Heimat sicher. Dennoch, so sagt sie, habe sich ihr Leben durch den Angriff für immer verändert. (Reinhard Kleindl, 6.7.2022)