Anfang Juni war aus Italien zu hören, dass im ganzen Land 4.000 Bademeister fehlen, DER STANDARD berichtete. Doch die ganze Tragweite dieses Personalnotstands war den bald schon Urlaubenden aus ganz Europa offensichtlich nicht bewusst. Pro 100 Meter Strand muss in Italien eine Bademeisterin oder ein Bademeister zugegen sein. Ohne die zum Rettungsschwimmer Ausgebildeten droht nun vielen Strandanlagen in Italien die Schließung. Bedeutet das, den ganzen weiten Weg bis ans Meer zu fahren, um dann erst recht nicht darin baden zu dürfen? Derweil hört man etwa an der Oberen Adria noch nichts von geschlossenen Strandabschnitten wegen zu wenig Personals, sondern im Gegenteil von Limitierungen auf und vor Sardinien wegen zu vieler Touristen.

Strandabschnitten ohne Bademeister droht in Italien die Schließung.
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Die vor Sardinien gelegene Inselgruppe La Maddalena hat für eine ganz Reihe von Stränden tägliche Besucherlimits eingeführt. Nur 60 Menschen pro Tag dürfen etwa die Cala Coticcio und die Cala Brigantina besuchen. Dafür müssen vorab kostenpflichtig um drei Euro ein Timeslot und ein Guide gebucht werden, ohne den man gar nicht hindarf, wie Euronews berichtet. Auf Sardinen selbst sind für die Cala Sisine nur 1.600 Besucher pro Tag erlaubt, am Strand von Santa Maria Navarrese 1.300; auf der Cala Mariolu sind es sogar nur 550 Sonnenhungrige – ein exklusives Vergnügen. Am berühmten Strand von La Pelosa kann zusätzlich ein Badetuchverbot verhängt werden, damit nicht zu viel Sand an den Tüchern hängen bleibt, und rund um Ogliastra an der Ostküste wurden bereits Zeitlimits für den Aufenthalt am Strand eingeführt. Nach zwei Stunden muss man etwa die Cala dei Gabbiani wieder verlassen. Man fürchtet um den natürlichen Zustand der sardischen Strände.

Auf und vor Sardinien gibt es bereits Limits für eine maximale Anzahl an Strandbesuchern pro Tag oder Zeitlimits für den Aufenthalt.
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Vergleichbare Befürchtungen hegt man aktuell an der französischen Mittelmeerküste. Im Nationalpark Calanques zwischen Marseille und Cassis liegen gut 20 herrliche Badebuchten versteckt. Viele davon eignen sich zum Baden, allerdings ist die Steilküste stark von Erosion betroffen. Für die beiden bekanntesten Buchten, Sugiton und Pierres Tombées, wurden nun ebenfalls Besucherlimits eingeführt, wie der französische TV-Sender France24 meldet. Vom 10. Juli bis zum 21. August sind in den beiden Buchten täglich nur mehr 400 Besucher erlaubt. Zuvor waren es oft 2.500 Badegäste, die an einem Tag wandernd oder mit dem Boot kamen. Massentourismus, der dem Umweltschutz im Weg steht, ist somit wie auf Sardinen der Motor für dieses Entscheidung. Wer sich nicht daran hält und online vorab kein Tagesticket für die Buchten im Nationalpark Calanques löst, muss mit einer Geldstrafe von knapp 70 Euro rechnen.

Im französischen Nationalpark Calanques drohen Strände zu erodieren, teilweise sind nur mehr 400 Badegäste pro Tag erlaubt.
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Ganz ähnliche Probleme wie in Italien gibt es auf Mallorca mit fehlendem, weil unzufriedenem Personal für die Badegäste. Rettungsschwimmer, die für deren Sicherheit sorgen, müssen das offenbar für sehr geringe Löhne und unter schlechten Arbeitsbedingungen tun. Nun droht ein Streik und dadurch ein 24-stündiges Badeverbot an den Stränden von Palma de Mallorca. Die Balearische Tageszeitung "Última Hora" schreibt von Verdiensten um 1.000 Euro pro Monat bei einer Festanstellung, obwohl die Tätigkeit der Rettungsschwimmerinnen und ihrer Kollegen einiges an Verantwortung mit sich bringt. Zum Vergleich: In Italien liegt der ungefähre Monatslohn (bezahlt wird pro Stunde) zwischen 1.300 und 1.800 Euro.

Die Rettungsschwimmer von Palma de Mallorca wollen am 16. Juli streiken. Ihr Verdienst ist trotz Fixanstellung bei der Standverwaltung sehr gering.
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Die meisten spanischen Bademeister arbeiten von 10 bis 19 Uhr, und pro Rettungsturm muss ein zwei Kilometer langer Strandabschnitt überwacht werden. Das sei laut "Última Hora" fünfmal so viel wie gesetzlich vorgeschrieben. Aus nachvollziehbaren Gründen fordern die Rettungsschwimmer auf Mallorca nun mehr Lohn sowie längere Überwachungszeiten (8 bis 20 Uhr), die auf mehr Personal aufgeteilt werden sollen. Kann man sich nicht einigen, könnten die Stadtstrände am 16. Juli vorerst für einen Tag bestreikt werden, was einem Badeverbot gleichkäme, denn ohne Rettungsschwimmer ist auch hier kein Badebetrieb möglich. Wenn das so weitergeht, könnten Liegeplätze an Europas Stränden bald ein begehrtes Gut werden. (Sascha Aumüller, 13.7.2022)