
Nicht unterzukriegen: Rafael Nadal.
London – Die chronischen Fußprobleme, längst bekannt. In Wimbledon muss sich Tennissuperstar Rafael Nadal aber noch mit einem weiteren Problem herumschlagen. Wie der 36-Jährige nach seinem Fünfsatzsieg im Viertelfinale gegen den US-Amerikaner Taylor Fritz verriet, beeinträchtigen ihn im All England Club "schon seit ein paar Tagen" Schmerzen im Bereich der Bauchmuskulatur. Nur dass sie am Mittwoch eben für jeden Zuschauer erkennbar waren.
"Das war heute nichts Neues", sagte Nadal nach dem Marathonmatch über 4:21 Stunden: "Aber zweifellos war heute der schlimmste Tag. Es war eine deutliche Zunahme der Schmerzen und Einschränkungen." Er sei es aber "gewohnt, Schmerzen zu haben".
Am Donnerstag, seinem spielfreien Tag vor dem Halbfinale gegen den großen Provokateur Nick Kyrgios, werde er "einige weitere Tests machen". Deswegen sei es "schwer zu sagen", ob er überhaupt zum Duell gegen den Australier antreten kann. Aber, betonte Nadal: "Am Ende entscheidet immer der Spieler."
Und dieser Spieler sieht sich trotz aller körperlichen Einschränkungen spielerisch auf einem absoluten Hoch. "Wenn wir die Probleme beiseitelassen: Das Niveau des Tennisspiels, das Ballgefühl, das ist wirklich großartig", sagte der Mallorquiner.
Grand Slam möglich
Nach den Triumphen bei den Australian Open und French Open besitzt Nadal noch die Möglichkeit auf den Grand Slam, den Gewinn aller vier großen Turniere eines Jahres.
Vor Turnierbeginn hatte der Spanier berichtet, dass sich die chronischen Schmerzen im linken Fuß durch eine spezielle Therapie gelindert hätten. In Barcelona hatte Nadal sich einer pulsierten Radiofrequenztherapie unterzogen.
Die betroffenen Fußnerven werden mit dieser Behandlung betäubt und können den Schmerzreiz nicht mehr zum Gehirn weiterleiten. Nadal leidet seit einigen Jahren am Müller-Weiss-Syndrom, einer seltenen und degenerativen Erkrankung.
Kyrgios steht indes das erste Mal überhaupt unter den Top Vier bei einem Grand-Slam-Turnier. Nachdem der Australier in Wimbledon mit wüsten Schiedsrichterbeschimpfungen für Aufsehen gesorgt hatte, zeigte er in Achtel- und Viertelfinale ungewohnt konzentrierte Auftritte.
Minutenlang saß Kyrgios nach dem glatten Drei-Satz-Erfolg gegen den Chilenen Cristian Garin auf seinem Stuhl und schaute ins Nichts. "Es gab einen Punkt, an dem ich beinahe fertig war mit dem Sport", erinnerte er sich in diesem Moment an dunkle Zeiten.
Jeweils ein direktes Duell haben Kyrgios und Nadal in Wimbledon bereits für sich entschieden. In der Vergangenheit ging es dabei nicht nur auf dem Platz zur Sache. "Ihm fehlt es an Respekt für die Zuschauer, seinen Gegner und sich selbst", sagte Nadal vor mehr als drei Jahren.
Respekt
Sein Onkel Toni legte nach, Kyrgios mangle es an Ausbildung und Klugheit – der Australier antwortete damals, Nadal sei nur verbittert. Zumindest vor der Partie hört sich das nun anders an. "Wir sind zwei komplett verschiedene Persönlichkeiten", sagte Kyrgios. "Ich denke, dass wir uns höllisch respektieren." (sid, APA, 7.7.2022)