Zahlreiche Verspätungen und Flugausfälle sorgen für hohe Belastungen des Flugpersonals.

Foto: APA/INA FASSBENDER

Berlin/Frankfurt – Der Bedarf bei deutschen Flughäfen an Aushilfsarbeitern aus dem Ausland ist offenbar weit geringer als gedacht. Die Bodenverkehrsdienstleister hätten weniger als 1.000 Kräfte angefordert, sagte der Chef des Arbeitgeberverbandes ABL, Thomas Richter, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

In den aufwendigen politischen Gesprächen mit drei Bundesministerien war stets von einem Bedarf von rund 2.000 Menschen die Rede gewesen, die möglichst schnell zu deutschen Tarifbedingungen vor allem in der Türkei angeworben werden sollten, um das Flugchaos zu lindern.

"Helfende Hände"

Bei der konkreten Umsetzung habe sich herausgestellt, dass sich die Firmen teils höhere Anforderungsprofile vorgestellt hätten als nun verfügbar seien, sagte Richter. Dabei sei von Anfang an klar gewesen, dass es nur um "helfende Hände" etwa bei der Gepäckverladung gehen könne. Auch komme für manche Anbieter die Unterstützung zu spät. Er rechne zwar mit ersten Einsätzen bereits im August, aber der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport geht bisher von September aus.

Die größeren Anbieter hätten ihren Bedarf angemeldet, hatte der Flughafenverband ADV mitgeteilt, ohne Zahlen für einzelne Standorte zu nennen. Nicht dazu gehört der Dienstleister Wisag, der in Berlin, Frankfurt, Köln, Hamburg, Münster und Leipzig Bodenverkehrsdienste anbietet. "Wir sind organisatorisch und personell für unsere Kunden gut aufgestellt, sofern kurzfristige starke Erkrankungswellen ausbleiben", sagte eine Sprecherin.

Nach den Verhandlungen mit der Bundesregierung verzichtet die Arbeitsagentur bei den Aushilfen auf eine Prüfung, ob für die Jobs nicht doch deutsche Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Bestehen bleiben aber die Sicherheitsüberprüfungen durch die Länderbehörden. Die Anwerbung soll die Personalprobleme lindern, die zu zahlreichen Verspätungen und Beschwerden von Passagieren geführt haben.

Mehr als 3.000 Flüge hat Lufthansa für Juli und August gestrichen.
Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach

Lufthansa appelliert an Mitarbeiter

Zuvor hat der Chef des Aufsichtsrats der AUA-Mutter Lufthansa seine Mitarbeiter aufgerufen, die bestehenden Abfertigungs- und Serviceprobleme gemeinsam anzugehen. "Jetzt müssen wir erstmal den Schlamassel in den Griff kriegen", erklärte Karl-Ludwig Kley in einem unternehmensintern verbreiteten Interview nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrates am Mittwoch.

Kley sprach sich dagegen aus, jetzt gegenseitig die begangenen Fehler aufzurechnen. "Ich kann im Sinne des Ganzen (...) nur an alle Beteiligten appellieren, pragmatisch und kurzfristig Lösungen zu finden. Über das Grundsätzliche können wir dann wieder reden, wenn die Zeitenwende sich eingeschwungen hat."

Kritik am Krisenmanagement

Die Sondersitzung des Kontrollgremiums war von den Arbeitnehmervertretern beantragt worden. Gewerkschaftsvertreter und Betriebsräte hatten im Umfeld harte Kritik am Krisenmanagement des Vorstands geübt. So seien Mitarbeiter noch mit Kündigungen bedroht worden, als sich die höhere Flugnachfrage längst abgezeichnet habe. Kley räumte Fehler bei der Personalstrategie ein und zeigte Verständnis für die hohen Belastungen, denen das Personal wegen der zahlreichen Verspätungen und Flugausfälle ausgesetzt ist.

Der Lufthansa-Chef zeigte sich zuversichtlich, dass die vom Unternehmen eingeleiteten Maßnahmen schrittweise erfolgreich sein werden. So hatte Lufthansa für die Monate Juli und August mehr als 3.000 Flüge gestrichen, um das verbleibende Programm zu stabilisieren. Am Mittwoch gab dann Konkurrent British Airways bekannt, aus dem gleichen Grund sogar weitere 10.300 Flüge bis Ende Oktober aus dem Programm zu nehmen. (APA, red, 7.7.2022)