Foto: Corn

Politisch gesehen ist es jener Aspekt der Wirtschaftsbund-Affäre, der am meisten Sprengkraft hat: Ein Manager behauptete im April gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten", Wallner habe bei einem Unternehmensbesuch für Inserate im Magazin der ÖVP-Teilorganisation geworben und dabei in Aussicht gestellt, dass sich das Land als Gegenleistung bei etwaigen Genehmigungen erkenntlich zeigen werde.

Wallner wehrte sich zwar sofort gegen die Ausführungen und bezeichnete sie mehrmals als Lüge. Nichtsdestotrotz führten sie schlussendlich zu Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Vorteilsannahme, die noch laufen. Ein schwerer Schlag für den Landeshauptmann, der sich seit Ende Juni im Krankenstand befindet.

Wie weit die Ermittlungen mittlerweile fortgeschritten sind und ob die Korruptionsermittler die Identität des Mannes kennen, ist nicht klar – die WKStA äußert sich dazu nicht. Der Mann – die VN schreiben von einem "der führenden Wirtschaftstreibenden im Land" – hielt seine Schilderungen des Betriebsbesuchs 2018 in einer eidesstattlichen Erklärung fest.

Die Zeitung respektierte dabei seinen Wunsch nach Anonymität – und will das dem Vernehmen nach auch vor den Ermittlungsbehörden so handhaben. Rechtlich gesehen ist das aufgrund des sogenannten Redaktionsgeheimnisses auch möglich. Und sollte Wallner irgendwann die "Vorarlberger Nachrichten" klagen, sind diese mit der Erklärung abgesichert. Dass er wegen der Veröffentlichung der Vorwürfe stinksauer auf die Zeitungsverantwortlichen ist, ließ Wallner jedenfalls durchblicken.

Womit Wallner recht hat

Denn die Anonymität stört Wallner und seine Unterstützer enorm. Solange nicht klar sei, wer der Mann ist und um welchen Betrieb es sich gehandelt hat, könne man die Sache ja nicht aufklären. Und eine rasche Aufklärung sei sein größtes Interesse, versicherte Wallner immer wieder. Als Landeshauptmann trägt man schließlich nicht gerne einen schwerwiegenden Korruptionsvorwurf mit sich herum. Auch sein Team wies immer wieder darauf hin, wie schwerwiegend die Konsequenzen für den Landeshauptmann dafür sind, dass es sich um eine nicht nachvollziehbare Behauptung eines einzelnen Mannes handle. Dann könne ja jeder eine anonyme Erklärung abgeben und irgendwas behaupten, dass die belastete Person die Karriere kosten könnte, so der Tenor.

Damit hat das Wallner-Umfeld natürlich einen Punkt, und es ist nachvollziehbar, dass eine Recherche bezüglich der Behauptungen des Mannes eingefordert wird. Allerdings unternimmt Wallner wenig bis nichts, um selbst an der Aufklärung mitzuwirken – im Gegenteil. Der aktuellste Beweis dafür ist eine Anfragebeantwortung, die am Mittwochnachmittag Wallners derzeitige Vertreterin Barbara Schöbi-Fink einbrachte.

Was die SPÖ wissen wollte

Die SPÖ wollte vom Landeshauptmann wissen, wie viele Betriebsbesuche er seit 2016 mit den Geschäftsführern des Wirtschaftsbunds absolviert hat. Denn laut den Schilderungen des Managers sei bei besagtem Termin auch der damalige Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler anwesend gewesen.

Gefragt wurde Wallner auch, welche Betriebe bzw. Firmen in Begleitung der Direktoren besucht wurden. Beide Fragen stellte übrigens auch DER STANDARD an Wallner bzw. seinen Sprecher. Die Antwort: "Bitte um Verständnis, aber wir werden keine Listen von Betriebsbesuchen verschicken."

Keine konkreten Antworten

Die parlamentarische Anfrage der SPÖ musste das Team des Landeshauptmanns aber beantworten – der Informationsgehalt hält sich dennoch in Grenzen. Denn man erfährt zwar, dass seit dem Jahr 2016 110 Betriebsbesuche durchgeführt wurden, dazu noch über 30 Eröffnungs- und Erweiterungsfeiern, Spatenstiche, Tag der offenen Türen sowie Jubiläumsfeiern von Unternehmen. Welche Firmen das waren, bleibt unbeantwortet.

Und auch, ob die ehemaligen Wirtschaftsbund-Direktoren dabei waren, ist unklar. Es könne nicht mehr nachvollzogen werden, welche Personen neben Wallner, Mitarbeitern seines Büros, Fotografen und Bürgermeistern – das Team, das üblicherweise bei Betriebsbesuchen vor Ort sei – noch dabei waren. "Auch deshalb, weil Unternehmen oder Gemeinden ebenfalls Personen zu den Terminen mitbringen."

Keine rechtlichen Schritte eingeleitet

Dabei gewesen sein dürften die Direktoren jedenfalls bei 15 Veranstaltungen in Betrieben, die der Wirtschaftsbund seit 2016 organisiert habe und an denen Wallner in seiner Funktion als Landesparteiobmann teilgenommen habe. Auch hier bleibt unklar, welche 15 Betriebe denn besucht wurden.

Dafür wird abermals betont, dass Wallner für seine Person ausschließen könne, jemals für die Vornahme eines Amtsgeschäfts eine Gegenleistung gefordert zu haben. Die in Aussicht gestellten rechtlichen Schritte gegen den Manager wurden übrigens bis jetzt nicht gesetzt.

Keine Hinweise in Akten über Vorteilsgewährung

Deutlich auskunfts- und aufklärungsfreudiger zeigte sich zuletzt die Landesverwaltung im Auftrag des Landeshauptmanns. Im Zuge der Beantwortung einer ergänzenden Beweisanforderung des Untersuchungsausschusses wurden 755 Verfahren – gewerberechtliche, wasserrechtliche, umweltrechtliche sowie damit zusammenhängende verwaltungsstrafrechtliche – von 115 unterschiedlichen Unternehmen geprüft.

Geschätzt über 88.000 Seiten seien von den Sachbearbeitern der vier Bezirkshauptmannschaften und von zwei Abteilungen im Amt der Landesregierung durchforstet worden. Hinweise, dass im Zuge dieser Verfahren an die Unternehmen irgendwelche Vorteile gewährt wurden oder dass für die Vornahme von Amtsgeschäften seitens dieser Organe Vorteile gefordert wurden, habe es dabei nicht gegeben.

"Alle Daten da"

Gegenüber der APA verwies der Leiter der Landespressestelle auch darauf, wie sorgfältig Wallner mit Daten umgehe: Alles Aktenrelevante sei vom Landeshauptmann abgelegt worden, auch relevante SMS würden an das Sekretariat weitergeleitet und dort zum Akt gelegt. Für den Landeshauptmann eingehende E-Mails würden ausgedruckt, ihm vorgelegt und nach der Bearbeitung, wenn relevant, elektronisch gespeichert.

Nicht Aktenrelevantes werde gelöscht, weil das bei einer dreistelligen Zahl von E-Mails am Tag gar nicht anders gehe. Wallner selbst betonte während der Aufregung, die es bezüglich einer Anfrage von ihm an die IT-Abteilung wegen neuer bzw. neu aufgesetzter elektronischer Geräte gab, dass keine relevanten Daten verloren gegangen seien. Die Ermittlungsbehörden lud er förmlich zu einer Durchsuchung ein, da er nichts zu verbergen habe.

Wie ernst es Wallner meint

Vor diesem Hintergrund stellt sich einmal mehr die Frage, wieso es nicht möglich ist, eine genaue Auflistung der Betriebsbesuche für das Jahr 2018, um das es sich in den Schilderungen des Managers dreht, zu liefern. Und zwar, welche Unternehmen wann besucht wurden und wer alles dabei war. Der aktuelle Umgang mit der Frage danach deutet jedenfalls darauf hin, dass es Wallner und sein Team mit dem Wunsch nach Aufklärung so ernst nicht meinen. (Lara Hagen, 7.7.2022)