Dieser Weg wird kein leichter sein ... Frauen haben es auch im virtuellen Fußball nicht einfach.

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Blickt man auf die Ränge der aktuell abgehaltenen Spiele bei der Frauenfußball-Europameisterschaft in England, dann sieht man zahlreiche junge Mädchen auf den Rängen mitfiebern. Sie feuern ihre Vorbilder an, und die eine oder andere träumt vielleicht sogar von einer Karriere in diesem Sport. Vielleicht tun sie es auch den Burschen in ihrem Alter gleich und gehen nach einem echten Match nach Hause und versuchen ihrer Lieblingsspielerin oder ihrem Lieblingsverein auf der Konsole nachzueifern. Gar nicht so einfach, denn Klub- oder Nationalmannschaften mit weiblicher Besetzung sind selten im Big Business der Videospiele – Besserung ist kaum in Sicht.

Keine Gleichberechtigung

Wenn man durch die verfügbaren Frauenteams im populärsten Fußballspiel der Welt, "Fifa", blättert, dann findet man genau 15 Nationalmannschaften. Österreichs Damen sind trotz der Erfolge der jüngeren Vergangenheit nicht vorhanden. Zum Vergleich: Männerteams finden sich im Spiel über 700, darunter so Kapazunder wie KRC Genk aus Belgien, Dalian Pro aus China oder auch der WSG Tirol.

Eine Petition, Frauenfußball solle in "Fifa" berücksichtigt werden, gab es erstmals 2014. Tatsächlich wurde bereits ein Jahr später der Wunsch erhört und Frauen-Nationalmannschaften im Spiel implementiert. Jedoch kam man nie über die erwähnten 15 Nationalmannschaften hinaus – ein Aufstocken, etwa mit den populärsten Klubs aus Deutschland oder England, wurde nie gemacht. Das ist wohl ein Mitgrund, warum man lediglich in Freundschaftsmatsches gegeneinander antreten und nicht etwa kleine Turniere spielen kann.

Einen anderen Versuch, zaghaft Frauenfußball virtuell zu etablieren, gab es 2021 im populären "Football Manager", der sogar einige Profispielerinnen für Aufnahmen ins Studio holte, um in den Actionszenen realistische Animationen bieten zu können. Auch die Fußball-Manager-Simulation "We Are Football" nahm zumindest ein paar Mannschaften in den Kader des Spiels auf. Der Kampfgeist, dem weiblichen Geschlecht noch mehr Beachtung zu schenken, blieb jedoch aus.

Sieht man sich nach Berichten zu dem Thema um, bleibt der Gehalt ebenfalls dünn. Kaum ein Fachmagazin berichtet über die nicht wachsende Anzahl an Frauenteams, obwohl der Anteil an spielenden Mädchen nachgewiesenermaßen in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Aber ist das Leserinteresse tatsächlich nicht vorhanden? Wollen junge Mädchen am Ende gar nicht Fußball spielen, sondern lieber "Overwatch" oder "League of Legends"?

Spiegel der Realität

Sieht man sich zur aktuellen Frauen-EM in England Berichte an, dann merkt man schnell, dass Videospiele offenbar nur die Realität widerspiegeln. Abgesehen von einer kaum wahrnehmbaren TV-Präsenz der Damen hakt es schon im Jugendbereich, bei Förderungen und attraktiven Gehältern. Nur ein Beispiel: Bekommt das Siegerteam bei der Frauen-EM rund 660.000 Euro Siegprämie, erhalten die Herren der Schöpfung für das Hochheben des Pokals acht Millionen Euro.

Wer jetzt sagt, das hätte einfach mit Medien-, Sponsoren- und Zuschauerinteresse zu tun, dem muss ich leider recht geben. Aber die US-Amerikanerinnen haben mit Hartnäckigkeit und Sturheit bereits bessere Bezahlung erkämpft – andere Verbände wollen demnächst nachziehen. Zu Recht, sieht man sich die investierte Leidenschaft, die Fairness auf dem Platz und die oftmals genauso schön erspielten Tore an.

Vielleicht geschieht ja noch ein Wunder, und alle Rädchen beginnen sich doch noch zu drehen, und wir sehen einer besseren Frauenfußball-Zukunft entgegen. Dann würde mit Sicherheit auch das Interesse bei Electronic Arts und anderen steigen, Frauenteams in ihre Spiele aufzunehmen.

Ein langer Weg

"Nein, das lohnt sich finanziell nicht", wird eine Entwicklerin von Sports Interactive in einem "Kicker"-Interview zitiert, angesprochen auf die Implementierung von Frauenteams im "Football Manager". Am Ende hat sich das diverse Entwicklerteam des Spiels trotzdem dafür entschieden – auch um ein Zeichen zu setzen. Natürlich ist Frauenfußball im Vergleich zur Welt von Ronaldo und Alaba ein Randthema und darf nur selten so leuchten wie in diesen Tagen, wenn zwei Frauenteams vor 75.000 Menschen in Old Trafford gegen das runde Leder kicken dürfen.

Aber genau diesen Moment auch in zwei Wochen noch virtuell nachleben zu dürfen wäre eine tolle Möglichkeit. Nicht für mich, den alten weißen Mann – aber vielleicht für das junge Mädchen, das in diesen Wochen öfter mal vor dem Fernsehgerät sitzt und ihren Vorbildern zujubelt. (Alexander Amon, 10.7.2022)