Dürre, Hagel, Überschwemmungen – die Klimakrise wirkt sich in vielen Regionen Österreichs ganz unterschiedlich aus.

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Fakten zu den Auswirkungen der Klimakrise gibt es viele. Der Weltklimarat etwa veröffentlicht alle sechs Jahre einen umfassenden Bericht darüber, wie es um unseren Planeten steht. Mit dem Österreichischen Sachstandsbericht soll diese Arbeit nun erneut auf nationaler Ebene durchgeführt werden. Insgesamt 120 Wissenschafterinnen und Wissenschafter – von der Klimaforscherin über die Ärztin bis zum Soziologen – sollen in den kommenden drei Jahren Fakten über die Auswirkungen der Klimakrise in Österreich und Anpassungsmöglichkeiten zusammentragen.

Das finale Werk soll Politik und Wirtschaft als "Goldstandard für faktenbasierte Entscheidungen" dienen, hieß es beim Startschuss des Projektes am Donnerstag. Am ersten Arbeitstreffen in Tirol haben rund 80 Forscher teilgenommen.

"Wir wollen bestehende Wissenslücken in dem Kontext aufzeigen", sagte die Geografin und eine der Hauptautorinnen Margreth Keiler auf einer Pressekonferenz. "Es wird ein Booster für die Klimaforschung in Österreich entstehen." Laut Keiler würden nur wenige Nationalstaaten einen eigenen Klimabericht erstellen, Österreich nehme mit der Analyse international eine Vorreiterrolle ein.

Trotzdem nicht warten

Ziel des Berichts sei es, "evidenzbasierte Klimapolitik zu ermöglichen", erklärte Klimaforscher Daniel Huppmann. Die drei Jahre bis zur Fertigstellung seien aus seiner Sicht jedoch keine Ausrede dafür, mit Maßnahmen zu warten: Es gebe viele sogenannte tiefhängende Früchte, bei denen die Umsetzung schon heute starten könne, sagte er mit Verweis auf die am Montag präsentierten Ergebnisse des Klimarats.

"Es passiert viel, aber es passiert viel zu wenig", so Huppmann. Der Bericht sei kein Ersatz für kurzfristige Maßnahmen, aber Evidenz für mittel- und langfristige Klimapolitik. Er könne demnach aufzeigen, welchen Beitrag einzelne Sektoren zur Erreichung der Klimaneutralität leisten können. Der finale Report soll auch darlegen, was es für Österreich bedeutet, wenn die Pariser Klimaziele nicht erreicht werden.

"Entscheidungsträger fragen sich, was man tun kann und muss", ergänzte Gernot Wörther vom Klima- und Energiefonds, der das Projekt in Auftrag gegeben hat. Geplant ist, die Auswirkungen der Klimakrise bis auf einzelne Regionen herunterzubrechen. Das sei auch dahingehend wichtig, da die Folgen innerhalb des Landes unterschiedlich ausfallen und finanzielle Mittel zur Anpassung begrenzt seien, erklärte Wörther. Die Ergebnisse des Berichts sollen demnach in Förderprogramme einfließen und so für zielgerichtetere Unterstützung sorgen.

Bereits zweiter Bericht

Es ist nicht das erste Mal, dass ein solcher Klimabericht in Österreich verfasst wird, die erste Version wurde im Jahr 2014 veröffentlicht. Jener erste Bericht sei breit diskutiert und Strategien seien darauf aufgebaut worden, betonte Wörther. Die lange Projektdauer erklärte man am Donnerstag damit, dass die Ergebnisse im Laufe des Prozesses immer wieder einer Überprüfung unterzogen werden, auch Zivilgesellschaft und Politik sollen miteinbezogen werden. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich laut Klimafonds auf bis zu zwei Millionen Euro, das Geld fließe vor allem an Nachwuchswissenschafter.

Die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nannte den Sachstandsbericht in einer Stellungnahme eine "fundierte Analyse darüber, mit welchen Folgen wir in Zukunft zu rechnen haben". Damit könnten "die richtigen Schritte zur Anpassung" gesetzt werden.

Diese fehlen in Österreich nach wie vor an vielen Stellen. Die Republik zählt in Sachen Klimaschutz im europäischen Vergleich zu den Schlusslichtern. Österreichs Emissionen liegen beinahe auf dem gleichen Niveau wie zu Beginn der 1990er-Jahre.

Erst im Mai warnte die EU-Kommission, dass Österreich bei der Erreichung seiner angestrebten Klimaneutralität im Jahr 2040 deutlich hinterherhinke. Die geplante Emissionsreduktion sei nicht mit den bestehenden Verpflichtungen vereinbar. Noch dazu hat Österreich nach wie vor kein aktuelles Klimaschutzgesetz, dieses ist seit mehr als 550 Tagen ausständig. (Nora Laufer, 8.7.2022)