Das Parteiengesetz regelt nun neu, wie sich Parteien finanzieren dürfen.

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Die finalen Verhandlungen zur Reform des Parteiengesetzes verliefen durchaus holprig: Zunächst kam die türkis-grüne Koalition der Opposition stellenweise weit entgegen – man hoffte auf einen möglichst breiten Beschluss des Pakets. Als die SPÖ aber forderte, Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker mit Zweidrittelmehrheit zu wählen und sie dafür zunächst abzusetzen, krachte es kurz in den Gesprächen. Die Koalition drohte, das Gesetz alleine zu beschließen, die SPÖ zog die Idee zurück. Sie kündigte nach einem verhandlungsfreien Wochenende an, der Reform im Nationalrat zuzustimmen.

Auch die Neos waren von Anfang an Teil der Verhandlungsrunden und wurden von den Regierungsparteien auch für ihre konstruktiven Vorschläge gelobt. Insgesamt sehe man die Reform positiv, war die längste Zeit aus der pinken Partei zu hören. Wenige Tage vor der Abstimmung im Parlament legten sich die Neos aber fest: Sie würden dem Paket nur zustimmen, wenn es eine umfassendere Definition der "nahestehenden Organisationen", also der Vereine in Parteinähe gebe (siehe: Parteinahe Vereine im Visier). Die Koalition entgegnete, dass das in der kurzen Zeit nicht möglich sei, ohne unberechenbare rechtliche Folgen für eigentlich unverdächtige Organisationen zu riskieren. Das Parteiengesetz sollte also – nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe – ohne die Stimmen der Neos beschlossen worden sein.

Den Verhandlungstisch verlassen hat die FPÖ: Sie verabschiedete sich schon in der Vorwoche von den Gesprächen über die Reform. In der Sitzung des Verfassungsausschusses warnte sie vor "Schnellschüssen".

Die Eckpunkte des Pakets im Überblick:

Stärkerer Rechnungshof

Künftig darf der Rechnungshof bei begründetem Verdacht direkt in die Parteikassen schauen. Bisher durften die Parteien nur von Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfern kontrolliert werden, die sie selbst ausgesucht haben. Was "begründeter Verdacht" heißt, zeigte sich in den vergangenen Wochen in der Praxis: Der Rechnungshof schenkte den Angaben der Volkspartei in ihrem Rechenschaftsbericht 2019 keinen Glauben. Wegen der aktuellen Gesetzeslage konnte nur ein weiterer Wirtschaftsprüfer zur Partei geschickt werden. Im Gegenzug wird die Präsidentin oder der Präsident des Rechnungshofs nun mit Zweidrittelmehrheit statt mit einfacher Mehrheit gewählt – eine Forderung von SPÖ und FPÖ.

Neue Rechte für Abgeordnete

Im Nationalrat werden die Minderheitenrechte in Kontrollfragen gestärkt: Bisher waren für eine Sonderprüfung des Rechnungshofs die Stimmen von 20 Abgeordneten nötig. Künftig reicht es, wenn ein Klub geschlossen zustimmt – auch wenn er weniger als 20 Mandatarinnen hat.

Parteinahe Vereine im Visier

Vereine im Umfeld von Parteien sind derzeit für die Öffentlichkeit vollkommen undurchsichtig: Solche Vereine können Spenden sammeln und Parteiarbeit leisten, ohne dass es irgendwo aufscheint. Die Situation wird sich mit der Reform des Parteiengesetzes zumindest verbessern. Als einer Partei "nahestehend" gelten künftig alle Organisationen, die Mitbestimmungsrecht in dieser Partei haben – etwa durch Vertretung in Gremien. Ihre Einnahmen und Ausgaben müssen in die Rechenschaftsberichte der jeweiligen Partei aufgenommen werden. Den Neos geht das nicht weit genug, sie wollen auch inoffizielle Parteivereine umfasst wissen.

Mehr Infos im Parteibericht

Die aktuell sehr dünnen Rechenschaftsberichte der Parteien werden in Zukunft deutlich aussagekräftiger: Mit dem neuen Gesetz müssen die Finanzen der Parteien sehr viel umfangreicher und detaillierter angegeben werden – das betrifft etwa Vermögenswerte wie Immobilien und Firmenanteile, aber auch Darlehen von Banken, die bis dato nicht erfasst sind.

Bericht zu Wahlkampfkosten

Innerhalb von sechs Monaten nach einer Wahl zum Nationalrat oder zum Europäischen Parlament müssen die Parteien einen detaillierten Bericht über ihre Ausgaben (Werbung, Geschenke, Personal) im Wahlkampf abgeben.

Neue Regeln für Spenden

Spenden unter 150 Euro gelten nicht mehr als Spenden, müssen allerdings als Einnahmen im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden. Unternehmen mit direkter oder indirekter Beteiligung der öffentlichen Hand dürfen nicht mehr Spenden. Der Rechnungshof muss vierteljährlich sämtliche Parteispenden über 500 Euro mit Name und Postleitzahl auf seiner Website veröffentlichen. Als Parteispenden gelten auch Zuwendungen an nahestehende Organisationen – im Gegenzug gelten Geldflüsse von diesen Organisationen an ihre "Mutterparteien" nicht als Spende. Sie müssen aber im Rechenschaftsbericht der Partei ausgewiesen werden. Die bereits vorhandenen Spendenobergrenzen von rund 8000 Euro pro Einzelperson und rund 800.000 Euro pro Partei bleiben bestehen.

Hohe Strafen bei Verstößen

Versuche, die neuen Regeln zu umgehen, können für Einzelpersonen teuer werden: Nicht ausgewiesene Spenden werden mit bis zu 20.000 Euro bestraft, Stückelungen als Umgehungsversuch mit bis zu 15.000 Euro. Gefälschte Rechenschaftsberichte kosten die Verantwortlichen bis zu 50.000 Euro. Für die Parteien können zu teure Wahlkämpfe schmerzhaft werden: Bei einer Überschreitung der Obergrenze von 50 Prozent setzt es Bußen von bis zu 3,5 Millionen Euro – bei Extra-Ausgaben darüber sogar noch mehr. Nicht abgegebene Rechenschaftsberichte kosten zunächst 50.000 Euro, danach kann die Parteienförderung einbehalten werden.

Offenlegung von Partei-Inseraten

Inserenten in Parteimedien müssen nun bereits ab Kosten von 2500 Euro im Rechenschaftsbericht der jeweiligen Partei aufscheinen – derzeit liegt die Grenze bei 3500 Euro. Als Parteimedien gelten dabei auch solche Produkte, die von Parteien oder nahestehenden Organisationen besessen oder herausgegeben werden. Dieses Detail wurde von der Opposition verlangt.

Register über alle Parteien

Ein öffentlich einsehbares Register soll den Bürgerinnen und Bürgern Informationen zu allen in Österreich registrierten Parteien verschaffen. Hinterlegt werden müssen sowohl die Namen der vertretungsbefugten Personen als auch die Satzungen der jeweiligen Partei. Die Umsetzung dieses Punkts dürfte sich verzögern: Das zuständige Innenministerium hat in seiner Stellungnahme darauf verwiesen, dass die Entwicklung eines solchen Registers mindestens ein Jahr in Anspruch nehmen würde; in Kraft treten wird das Gesetz aber schon am 1. Jänner 2023.

Veröffentlichung von Studien

Eine der Bedingungen für die Zustimmung der Sozialdemokratie war eine Bestimmung, die als "Informationsfreiheit light" bekannt wurde. Das von der Koalition verhandelte Gesetz, das das Amtsgeheimnis abschaffen soll, wird bekanntlich von Teilen der ÖVP blockiert. Ein kleiner Teil davon wird nun mit dem Parteiengesetz realisiert: Studien, Umfragen und Gutachten, die von Bund, Ländern oder Gemeinden in Auftrag gegeben wurden, müssen automatisch veröffentlicht werden. (Sebastian Fellner, 8.7.2022)