Gina aus Niederösterreich ist eine der Partnersuchenden in "Liebesg'schichten und Heiratssachen".

Foto: ORF / Sonja Aufderklamm

Nina Horowitz präsentiert das ORF-Erfolgsformat zum dritten Mal.

Foto: ORF / Roman Zach-Kiesling

STANDARD: Ein Thema schwingt bei allen Folgen von "Liebesg'schichten und Heiratssachen" mit, wird aber selten dezidiert angesprochen: der Sex. Zu heikel für den Hauptabend?

Horowitz: Ich frage schon oft: "Welchen Stellenwert soll die Erotik in der Beziehung haben?" Oder: "Suchen Sie einen Liebhaber oder einen platonischen Freund?" Aber man muss spüren, ob das Gegenüber über Sexualität reden will. Oder das einfach zu intim fürs Fernsehen findet. Das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Es muss ja niemand über Sex reden, wenn er nicht will. Ich bewerte das auch gar nicht. Wir versuchen bei den "Liebesg'schichten" auf jeden Fall immer, über der Gürtellinie zu bleiben. So richtig schlüpfrig oder schmuddelig wird's bei mir nicht, das ist wahrscheinlich nicht meine Art. (lacht) Unlängst hat ein Herr aus Niederösterreich, als ich ihn bei Details über Kamasutra-Weisheiten gestoppt habe, weil's dann einfach irgendwann zu weit ging, gesagt: "Sie sind aber g'schamig, Frau Horowitz!"

STANDARD: In der ersten Folge der neuen Staffel kommt ja auch eine ehemalige Swingerclub-Betreiberin vor.

Horowitz: Gina aus Niederösterreich ist wirklich eine Protagonistin wie aus dem Bilderbuch. Eloquent. Humorvoll. Und eben wunderbar in ihren Schilderungen über den Swingerclub. Sie hat mir erzählt, dass in ihrem Club vom Klinikchef bis zum Postbeamten alle vertreten sind. Natürlich ohne ihre Namen preiszugeben. Man kann sich ja auch einfach Tom und Jerry nennen. Wenn wir dann im Swingerclub drehen, wird das Thema Sex mit Komik behandelt. Man hört ein wunderbar schmalziges Liebeslied, das ironisch wirken kann. Oder die Chefin macht in den leeren Clubräumen eine Stippvisite, um zu prüfen, ob auch wirklich alles richtig geputzt ist. Dieses akribisch Genaue hat dann Witz.

STANDARD: Wie sehr spielen sexuelle Bedürfnisse eine Rolle bei der Partnersuche von "LG"?

Horowitz: Die spielen schon eine sehr große Rolle. Wobei manche sagen, die Sexualität ist ihnen das Wichtigste, und andere sagen, sie gehört dazu, aber es gibt Wichtigeres. Wer was erotisch findet, variiert ja auch enorm. Eine Dame hat mir vor kurzem erzählt, dass sie Männer mit großen Ohren wahnsinnig attraktiv findet. Ein Mann hat mir genau beschrieben, wie die Dessous der neuen Frau sein sollen. Nämlich nicht mit zu viel Spitzen und Rüscherln. Sondern seidig-schlicht. Das finde ich dann schon sehr amüsant.

STANDARD: Ist Sex als Motiv dafür, sich zu melden, Männern wichtiger als Frauen?

Horowitz: Das würde ich nicht sagen. Das gehört für Männer und Frauen dazu.

STANDARD: Sind die einsamen Herzen von Anfang an bereit, sich vor der Kamera zu öffnen?

Horowitz: Das ist schon mein Job, sie zu öffnen. Wenn jemand am Anfang ein bisserl nervös ist, mache ich ein paar Witze. Und wenn das Eis gebrochen ist, vertrauen mir die meisten Singles. Zum Glück. Weil sie merken, dass ich sie nicht reinlegen will. Wir besprechen ja gemeinsam im Vorfeld, was wir drehen. Die einen wollen gern im Wohnzimmer tanzen. Die anderen vielleicht nur im Wald spazieren gehen. Alle sind unterschiedlich.

STANDARD: Und ist das Vertrauen erst einmal hergestellt, reden die meisten wie ein Wasserfall?

Horowitz: Im Großen und Ganzen ja. Zum Glück. Und dann kommt's zu schönen Überraschungen, wenn sie erzählen. Die Singles finden zum Beispiel ganz unterschiedliche Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, sexy. Eine Frau hat mir vorgeschwärmt, wie attraktiv der Bergdoktor Hans Sigl ist. Eine andere Frau hat für einen Landeshauptmann geschwärmt.

STANDARD: Wie oft müssen Sie bremsen – oder gar nicht, weil Sie sagen, das machen wir am Schneidetisch?

Horowitz: Wenn ein Interview gut läuft, bremse ich ungern. Aber ich bin eine Verfechterin des Weglassens. Bettina Mazakarini, die grandiose Cutterin der "Liebesg'schichten", und ich sprechen ja auch sehr viel über die Inhalte. Wenn wir finden, etwas geht im Fernsehen zu weit oder würde dem Single schaden, weil er es vielleicht auch ganz anders gemeint hat, zeigen wir es nicht. Es gibt den Spruch "Ich würde für einen Gag meine Großmutter verkaufen". Das sehe ich ganz dezidiert nicht so.

STANDARD: Wo sind die Grenzen – was sehen wir nicht?

Horowitz: Wenn jemand zu sehr über die Ex schimpft und es gibt gemeinsame Kinder. Das mag ich zum Beispiel nicht. Das lassen wir dann lieber weg.

STANDARD: In Zeiten von Facebook und Instagram sind die Partnersuchenden heute mehr Medienprofis als früher. Inwiefern spielt Eitelkeit in der Selbstdarstellung eine Rolle?

Horowitz: Ich glaube, dass es Eitelkeit immer gab. Aber man kann sie durch soziale Medien jetzt besser bei anderen mitverfolgen. Mir geht's bei Instagram manchmal so, dass ich glaube, ein Prominenter wirft sich selbstironisch in Pose. Dabei ist das ernst gemeint. Das ist dann eine Form der Eitelkeit, über die ich sehr lachen kann. Aber was die Singles betrifft, die bei den "Liebesg'schichten" mitmachen, glaube ich nicht, dass da allzu viele Medienprofis sind. Das wäre ja dann auch fad. Wir suchen übrigens schon wieder neue Singles für die Staffel im nächsten Sommer. Da können wir ja dann wieder intime Details besprechen. Oder elegant den Mantel des Schweigens über erotische Details breiten. (Doris Priesching, 10.7.2022)