Die Journalistin Franca Lehfeldt und der deutsche Finanzminister Christian Lindner haben geheiratet.

Foto: imago/Sven Simon

Eine Frau und ein Mann heiraten. Für sie ist es die erste Ehe, für ihn die zweite. Das passiert in Deutschland jeden Tag, interessiert die breite Öffentlichkeit aber nicht. Außer der Mann heißt Christian Lindner, ist FPD-Chef und Finanzminister und veranstaltet in schwierigen Zeiten eine ziemlich große Sause auf der "Reichen-Insel" Sylt. Da ist das Interesse so groß, dass auch Medien, abseits des Boulevards, informieren – nicht nur, weil Punks angekündigt haben die Party crashen zu wollen.

Sylt statt Toscana

Doch der Reihe nach: Lindner, 43 Jahre alt, ist seit 2018 mit der Journalistin Franca Lehfeldt (33) zusammen. Sie arbeitete früher für RTL, jetzt für die Tageszeitung Welt. Eigentlich hätten die beiden in der Toscana heiraten wollen, mussten davon aber wieder Abstand nehmen. Das Bundeskriminalamt (BKA), wusste die Bunte zu berichten, könne nicht für die Sicherheit im Ausland garantieren.

Also wurde die Hochzeit auf die Nordsee-Insel Sylt verlegt. Diese gilt als Eiland der Reichen, Schönen und Prominenten. Wer dort Urlaub macht, sollte gut verdienen. Wer eine Hochzeit ausrichtet, noch besser.

In jüngster Zeit war Sylt viel in den Medien. Denn dank des staatlich subventionierten, ungemein beliebten Neun-Euro-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr, leisten sich auch weniger Betuchte die Reise.

Punks wollen Lindner gratulieren

Und so machten einige Punks, unter großem medialem Interesse, zu Pfingsten gleich mal Party auf Sylt und blieben dann. Es gab ein wenig Stunk, weil manche im Wilhelminenbrunnen in der Fußgängerzone badeten.

Dann wurde es wieder ruhiger, bis ein Punk namens "Socke", aus Flensburg, dem Nachrichtenportal Tag24 die Pläne seiner Kumpels für die Lindner-Hochzeit verriet: "Wir werden zur Sansibar wandern und Christian gratulieren." Und das haben sie dann auch versucht.

Zunächst, am Donnerstag, waren Lindner und Lehfeldt im Sylter Museum vom parteilosen Sylter Bürgermeister Nikolas Häckel getraut worden.

"Lindner trug einen hellblauen Anzug, Lehfeldt einen cremefarbenen, schulterfreien Jumpsuit mit engem Oberteil", berichtete spiegel-online und zeigte viele Fotos. Vor dem Museum hatten sich Hunderte Schaulustige eingefunden.

Friedliche Einkesselung

Für den Freitagabend war dann der Polterabend mit 140 Gästen angesetzt, allerdings nicht in der Sansibar, sondern im Keitumer Hotel Fünf-Sterne-Superior-Resort Severin*s, wie das Nachrichtenportal sh:z berichtete. Und tatsächlich wollten ein paar Punks mitfeiern, rund 40 machten sich auf den Weg zum Hotel, auch um Lindner mitzuteilen, die FDP solle "endlich mit der Kapitalismuskacke aufhören".

Durchgekommen sind sie nicht, die Polizei erteilte einige Platzverweise und kesselte laut sh:z zwischendurch rund 30 Punks ein. Es blieb alles friedlich.

Kritisch äußerten sich auch andere. "Ich versteh nur nicht, warum wir von unseren Steuergeldern die Sicherheitskräfte bezahlen müssen," sagt die Komikerin Ilka Bessin, die früher als "Cindy aus Marzahn" auftrat. Für Lindner sprang an dieser Stelle FDP-Vizechefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in die Bresche und erklärte: "Christian Lindners hochrangiges Ministeramt bringt es mit sich, dass er Personenschutz vom BKA (Bundeskriminalamt) erhält – ob er das möchte oder nicht."

Im Berliner Tagesspiegel kritisiert Herausgeber Stephan-Andreas Casdorff, Lindners "glamouröse Hochzeit" sei das "falsche Signal" und erinnert daran, dass Lindner als Finanzminister selbst gerade vor einer "ernstzunehmenden Wirtschaftskrise" gewarnt habe. Pikant auch: Als sich Lindner nach Sylt zum Heiraten und Feiern aufmachte, meldete der Spiegel, dass Lindner drastische Kürzungen bei den Leistungen für Langzeitarbeitslose plane.

SPD- und CDU-Spitze dabei

Standesamtlich sind Lindner und Lehfeldt unter der Haube, am heutigen Samstag wird kirchlich geheiratet. Kanzler Olaf Scholz ist geladen, auch Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU). Der kam übrigens nicht mit dem Neun-Euro-Ticket, sondern mit seinem Privatflieger, den er selbst flog.

Irritationen gibt's auch über die kirchliche Trauung, da sowohl Lindner als auch Lehfeldt aus der Kirche ausgetreten sind. Zeit-online weist darauf hin, dass Kirchenmitglieder regelmäßig ihre Beiträge zahlen müssen, um dann mit Gottes Segen heiraten zu können. Und dass jene, die der Kirche den Rücken gekehrt haben, bloß Spenden müssen. "Billiger Segen", lautet der Titel des Beitrags, gefragt wird: "Warum lässt die Kirche das zu?"

Am Sonntag klingt das Fest dann aus, nächste Woche ist Lindner wieder hauptsächlich Finanzminister und nicht mehr Bräutigam. Aber vielleicht gibt es ja bald Neuigkeiten für das Volk, das dann ja doch nach ein bisschen Glanz und heiler Welt dürstet. Der Minister hat in der Bunten erklärt, dass man sich Nachwuchs wünsche. (Birgit Baumann aus Berlin, 9.7.2022)