Auch aus der ostukrainischen Stadt Kostjantyniwka nördlich von Donezk wurden am Wochenende russische Angriffe gemeldet.

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Erneut meldet die Ukraine zahlreiche zivile Opfer durch einen russischen Raketenangriff: Mindestens 15 Menschen seien beim Beschuss eines Wohnhauses in der ostukrainischen Region Donezk getötet worden, hieß es, zwei Dutzend weitere seien verschüttet worden, ihr Schicksal war zunächst noch ungewiss. Andrij Jermak, der Stabschef von Präsident Wolodymyr Selenskyj, bezeichnete den Vorfall als "weiteren Terroranschlag".

Während die ukrainische Seite am Sonntag von Zusammenstößen mit russischen Truppen im Osten und Süden sprach, erklärten die russischen Streitkräfte, sie hätten ukrainische Waffendepots angegriffen, in denen auch US-Artilleriegeschütze gelagert gewesen seien. Der aus Nato-Staaten kommende Nachschub für Kiew ist immer wieder Ziel russischer Angriffe. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben beider Seiten zunächst nicht.

Umstrittener Diplomat

Indes stand die Beziehung der Ukraine zu Deutschland, einem wichtigen Nato- und EU-Staat, am Wochenende im Zeichen vergangener diplomatischer Zerwürfnisse. Am Samstag wurde der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, von Präsident Wolodymyr Selenskyj abberufen. Melnyk hatte zuletzt häufig scharfe Kritik an der deutschen Politik geäußert, die Haltung Berlins gegenüber dem russischen Aggressor charakterisierte er dabei immer wieder als zu zögerlich.

Als etwa der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz eine Reise in die Ukraine zunächst ablehnte, nachdem zuvor Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von Kiew ausgeladen worden war, nannte Melnyk den Kanzler eine "beleidigte Leberwurst". Dass dieser Konflikt ungewöhnlich scharf ausgetragen wurde, legt ein Bericht des Spiegel nahe. Demnach hat Steinmeier in einem Telefonat Selenskyj persönlich mit dem Eklat um seine geplatzte Kiew-Reise konfrontiert und mehrfach nach einer Erklärung verlangt.

Kritisiert wurde Melnyk auch für Äußerungen, in denen er den ukrainischen Nationalisten und Antisemiten Stepan Bandera in Schutz nahm: Bandera, der während des Zweiten Weltkriegs zeitweise mit den deutschen Nationalsozialisten kollaboriert hatte und für ethnische Vertreibungen und Ermordungen tausender Zivilisten verantwortlich gemacht wurde, sei "kein Massenmörder von Juden und Polen" gewesen, so Melnyk. Nach dem Krieg floh Bandera nach Deutschland und wurde 1959 von einem KGB-Agenten ermordet. (Gerald Schubert, 10.7.2022)