Spritpreise sind auf Rekordhoch.

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Manchmal geht es ganz schnell. Seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine haben Spritpreise in Österreich massiv angezogen. Laut Rechner der Regulierungsbehörde E-Control verteuerten sich Superbenzin und Diesel im Median um 34 Prozent. Der Preisanstieg war stärker als anderswo. Daten der EU-Kommission zeigen, dass in Österreich aktuell Sprit erstmals seit den 1990er-Jahren so teuer ist wie in unseren Nachbarländern Italien und Deutschland.

Aber hat das auch zu einer Verhaltensänderung geführt, fahren Menschen also weniger Auto? Diese Frage ist auch abseits der aktuellen Erfahrung relevant. Eine zentrale Strategie zur Reduktion der CO2-Emissionen besteht darin, das Rausblasen von Treibhausgasen teurer zu machen. Wie sehr dadurch das Verhalten der Menschen geändert wird, ist unklar. So gesehen ist der aktuelle Anstieg der Preise so etwas wie ein natürliches Experiment. Dabei gibt es erste Ergebnisse.

Das Finanzministerium veröffentlicht auf seiner Website regelmäßig die laufenden Steuereinnahmen, darunter auch aus der Mineralölsteuer. Das ist eine Verbrauchssteuer, die je Liter Diesel oder Benzin anfällt, wobei der Betrag im Gegensatz zur Umsatzsteuer fix ist, also nicht schwankt, wenn der Sprit teurer wird. Wie viel Steuer bezahlt wird, zeigt, wie viel Benzin und Diesel abgegeben werden. Wobei es eine Einschränkung gibt: Auch bei Heizöl fällt die Abgabe an, wobei auf Sprit der Löwenanteil der Einnahmen entfällt.

Sieht man sich die Zahlen an, dann weist der Trend nach oben.

Von Jänner bis Mai 2022, jüngere Daten sind noch nicht verfügbar, nahm der Staat 1,707 Milliarden Euro aus der Mineralölsteuer ein. Von Jänner bis Mai 2021 waren es deutlich weniger, nämlich 1,360 Milliarden Euro.

Einnahmen wie vor der Pandemie

Obwohl also die Preise gestiegen sind, deutet dieses Indiz darauf hin, dass mehr gefahren wurde, die hohen Preise also niemanden abschrecken. Allerdings gibt es einige Unsicherheiten bei diesem Vergleich. Die größte ist Corona: Im vergangenen Jahr galt in Ostösterreich zumindest noch über Ostern hinweg ein harter Lockdown. Die Wirtschaft war entsprechend deutlich angeschlagener. Zudem haben damals mehr Menschen aus dem Homeoffice gearbeitet. Das wirkt sich sicher aus. Allerdings deuten auch die Zahlen für Mai darauf hin, dass der Verkehr zugenommen hat: Die Einnahmen aus der Mineralölsteuer 2022 beliefen sich da auf 335,6 Millionen Euro, im Mai 2021 waren es knapp 300 Millionen.

Aussagekräftiger ist vielleicht generell ein Vergleich mit der Zeit vor Corona. Selbst da liegen die Einnahmen aus der Mineralölsteuer von Jänner bis Mai etwas über dem Niveau aus dem Jahr 2019.

An dieser Stelle wird es kompliziert. Denn es gibt parallel auch Zahlen zu den an den Tankstellen abgegebenen Spritmengen, DER STANDARD hat das Forschungsinstitut Wifo und den Verkehrsclub Österreich um eine Auswertung der Daten gebeten. Hier reichen die jüngsten Zahlen bis April.

Dabei zeigt sich einerseits, dass der Verkehr im Vergleich zu den beiden Corona-Vorjahren tatsächlich gestiegen ist und mehr getankt wurde. Im Vergleich zum Jahr 2019, also zur Zeit vor der Pandemie, gibt es allerdings einen Rückgang. Im April 2022 wurde zum Beispiel um 17 Prozent weniger Diesel abgegeben als im April 2019. Im März waren es minus zwei Prozent. Wie diese Diskrepanz zu erklären ist, also warum weniger Sprit an den Tankstellen abgegeben wurde, die Einnahmen aus der Mineralölsteuer aber höher sind, ist nicht klar. Erst kommende Datenauswertungen könnten diesen Widerspruch auflösen.

Unter Ökonomen und Lobbyorganisationen wird heftig diskutiert, wie sehr hohe Preise das Autofahrverhalten beeinflussen. Der Autofahrerklub ÖAMTC hat 2020 eine Studie präsentiert, wonach ein Liter Sprit vier Euro kosten müsste, damit eine deutliche Reduktion der Verkehrsemissionen bis 2030 erreicht wird. Die Studie, durchgeführt vom Economica-Institut, das vom Chefökonomen der Industriellenvereinigung, Christian Helmenstein, geleitet wird, wurde aber nie publiziert.

Die Wirkung der Steuer in Schweden

Andere Experten sind nicht so skeptisch. Die Ökonomin Claudia Kettner verweist auf eine Untersuchung aus Schweden. Dort wurde 1991 eine Steuer von 30 Dollar pro Tonne CO2 für den Verkehrssektor eingeführt, die dann bis 132 Dollar gestiegen ist. Aus dem Vergleich mit der Entwicklung in anderen Industriestaaten schlossen die Autoren, dass die Abgabe in Schweden bis 2005 zu einem Emissionsrückgang von elf Prozent geführt hat. Kettners Erklärung dazu: Eine Steuererhöhung, die eine nachhaltige Änderung des Preises signalisiere, wirke stärker als ein Preissprung, der entsteht, weil sich zwischendurch der Rohstoff verteuert hat. (András Szigetvari, Luise Ungerboeck, 11.7.2022)