Das Testsystem von Polar Night Energy.

Foto: Polar Night Energy

Die einen haben ihre "Wasserbatterien" (besser bekannt als Pumpspeicherkraftwerke), wie etwa das zuletzt in der Schweiz in Betrieb genommene Nante de Drance, um bei Bedarf das Stromnetz zu stabilisieren. Andere setzen wiederum auf Sand, um Wärme zu konservieren.

So etwa das finnische Start-up Polar Night Energy. Dort will man auf diesem Wege für die langen Winter in Nordeuropa vorsorgen und eine emissionsarme – und vor allem: nicht auf Gas angewiesene – Wärmequelle schaffen.

Das Ergebnis ist ein isolierter, zylindrischer Stahlcontainer mit Dimensionen von vier Metern Durchmesser und sieben Meter Höhe, in den weit über hundert Tonnen Sand eingefüllt werden können. Dieser wird mit elektrischer Energie erwärmt und erreicht eine Temperatur von 500 bis 600 Grad Celsius. Je nach Design des Containers sind laut Unternehmen sogar bis zu 1.000 Grad möglich. Für das Aufwärmen wird sommerliche Überschussenergie aus erneuerbaren Quellen genutzt. Einmal heiß, lässt sich die Temperatur aufgrund der Eigenschaften des Sandes mit nur geringem Aufwand monatelang halten.

Testlauf in Kankaanpää

Der Prototyp, den man in der Stadt Kankaanpää, einem 13.000-Einwohner-Ort in Westfinnland, aufgestellt hat. Im Praxistest heizt sie derzeit Häuser, Büros, Fabriken und auch das öffentliche Schwimmbad im Bezirk mit Fernwärme. Dabei arbeitet man mit dem Energieanbieter Vatajankoski sowie den lokalen Behörden zusammen. Der Speicher soll eine maximale Wärmeenergieleistung von 100 Kilowatt besitzen und eine Kapazität von acht Megawattstunden aufweisen, schreibt "The Next Web".

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Das 2016 von zwei Universitätsabsolventen gegründete Unternehmen tritt damit nicht nur den Beweis der kommerziellen Machbarkeit an, sondern will in Zukunft noch deutlich größere Projekte umsetzen. Möglich seien Speicher mit einer Kapazität von bis zu 20 Gigawattstunden und einer Wärmeleistung von bis zu 100 Megawatt, heißt es.

Der Platzbedarf sei überschaubar: Um Gebäude für eine Anwohnerschaft von 35.000 Menschen zu versorgen, würde ein zylindrischer Sandspeicher mit 40 Metern Durchmesser und 25 Meter Höhe reichen. So ein System ließe sich aber auch unterirdisch anlegen.

Foto: Screenshot

Niedrige Kosten

Man wirbt mit niedrigen Anschaffungskosten in der Höhe von weniger als zehn Euro je Kilowattstunde an Speicherkapazität – ergo weniger als 10.000 Euro für eine Megawattstunde. Die Verrohrung ist laut den Erfindern die teuerste Kostenstelle. Das System nutzt keine giftigen oder anderweitig gefährlichen Materialien, produziere nur minimale Emissionen und auch der Betrieb sei günstig. Die Lebensdauer einer solchen Sandbatterie beziffert man grob mit "Jahrzehnten". Für die Stromproduktion ist das System allerdings nicht gut geeignet.

Das System ist laut den Erfindern bereits kommerziell einsetzbar. Die Bauteile dafür, mit Ausnahme mancher proprietärer Automations-Komponenten, ließen sich praktisch überall herstellen. Zudem sei auch die Installation einfach. Geboren wurde die Idee, als man im Rahmen eines privaten Projektes versuchte, ein energieautarkes Blockhaus zu entwickeln.

Für Finnland könnten Erfindungen wie diese in Zukunft wichtig sein, denn das Verhältnis mit Russland ist speziell seit dem Ukraine-Krieg gespannt. Im Mai beendete Russland den Transfer von Strom und Gas ins Nachbarland, da dieses sich weigert, die Rechnungen dafür in Rubel zu begleichen. Ebenfalls nicht gut zu sprechen war Russland lange auf den kommenden Nato-Beitritt von Finnland und Schweden, auch wenn der Kreml die Bedeutung der nordischen Erweiterung der Militärallianz zuletzt herunterspielte. (gpi, 11.7.2022)