Die alleinerziehende Barbara S. kann ihrem Sohn bei Mathematik nicht helfen – und Nachhilfe ist teuer.

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Alleinerziehende sind in Österreich stärker armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Fast jede zweite Einelternfamilie ist mittlerweile betroffen, zeigte eine im März veröffentlichte Studie der Wiener Wirtschaftsuniversität.

Auch für die Teilzeitangestellte Barbara S.* bedeutet das Auskommen mit dem monatlichen Einkommen großen Stress. Ins Restaurant zu gehen ist für die Familie ein seltener Luxus.


Barbara S. (50), Angestellte: "Ich weiß nicht, wie wir das stemmen sollen"

"Ich bin alleinerziehende Mama, mein Sohn ist zwölf und geht in Dornbirn ins Gymnasium. Die Teuerung merke ich jetzt besonders beim Einkaufen, da muss ich noch mehr auf den Preis schauen als sonst. Auf Fleisch verzichten wir praktisch eh schon, beim Obst und Gemüse suche ich nach Angeboten. Ich kann nicht einfach Äpfel und Bananen kaufen, nur weil wir gerade Lust darauf haben. Auswärts essen wir vielleicht alle zwei, drei Monate, das geht nicht anders. Aber natürlich sollte das auch mal sein, man kann sich ja nicht nur zu Hause einsperren.

Ich arbeite in Teilzeit in einer Einrichtung in Dornbirn. Ich verdiene 965 Euro im Monat, aber im September bekomme ich dann ein paar Stunden dazu. Unsere Miete beläuft sich auf 672 Euro, der Mietzuschuss beträgt ungefähr 400 Euro. Für Strom kommen dann noch 110 bis 130 Euro im Monat dazu. Das weiß ich so genau, weil ich einen Prepayment-Stromzähler habe. Ich habe heuer meinen Privatkonkurs beendet, und bei Zahlungsschwierigkeiten gibt es dann dieses Angebot. Ich zahle also vorher ein und bekomme einen Code. Und dann habe ich so lange Strom, bis das Geld verbraucht ist.

Fast alles mit dem Rad

Am meisten Sorgen macht mir aktuell alles, was mein Sohn braucht. In der Schule sind es dauernd da fünf Euro, dort zehn Euro, Wandertag, Theater. Und dann ist er wieder gewachsen und braucht neue Sachen. Für Unvorhergesehenes gibt es Unterstützung von Hilfsorganisationen, wobei man nie genau weiß, ob das auch klappt. Und eigentlich will ich das gar nicht. Immer diese Bettelei, diese Anträge. Ich will es selbst schaffen, aber im Moment weiß ich nicht, wie das gehen soll.

In Dornbirn sind wir nicht aufs Auto angewiesen, ich könnte mir auch gar keines leisten. Wir fahren fast alles mit dem Rad, ab und zu kaufen wir eine Tageskarte für den öffentlichen Verkehr. Ansonsten fehlt mir selbst gar nicht unbedingt etwas, nur ein Wellness-Wochenende, davon träume ich schon lange.

In diesem Sommer fahren wir immerhin auf Urlaub, eine Freundin hat uns ans Meer eingeladen, die hat dort eine Ferienwohnung. Wir müssen nur das Zugticket bezahlen, sonst könnten wir uns das auch gar nicht leisten. Das ist heuer also mein Wellness-Urlaub.

Wenn ich im Herbst dann ein bisschen mehr verdiene, hoffe ich, dass es uns besser geht. Ich will ja auch etwas einzahlen und einmal eine Pension bekommen. Das ist so ein Rattenschwanz, das zieht mich schon runter. 18 Jahre lang habe ich in der Gastronomie gearbeitet, wirklich mit Herzblut. Der Kontakt mit den Menschen, das Verkaufen, das hat mir immer Freude gemacht. Aber körperlich würde ich das jetzt nicht mehr schaffen. Eine klassische Berufsausbildung habe ich nicht, ich bin direkt nach der Schule in die Fabrik und später in die Gastronomie gewechselt. Meine Mutter war auch Alleinerzieherin, und das Geld ist einfach benötigt worden.

Fürs Kranksein bestraft

Im vergangenen Jahr hatte ich eine Notoperation und war zehn Wochen im Krankenstand, seither habe ich mit dem Fuß Probleme. Und wegen des Krankenstands habe ich auch den Corona-Kurzarbeitsbonus von 500 Euro nicht bekommen, das hat mich wahnsinnig enttäuscht. Wir waren im Betrieb nämlich 14 Monate in Kurzarbeit, und dann wirst du noch dafür bestraft, dass du krank bist.

Im August gibt es ja jetzt diese zusätzliche Familienbeihilfe – was dann vom Antiteuerungspaket heuer noch kommt, da bin ich mir nicht sicher. Man hört Verschiedenes und wird dann auch müde. Ich denke mir: Irgendwas wird schon kommen.

Im Herbst hat mein Sohn eine Nachprüfung in Mathematik. Ich drehe gerade am Rad, es ist ein Wahnsinn, was diese Nachhilfe kostet. Ich kann ihm beim Lernen nicht helfen, und ich weiß nicht, wie wir das stemmen sollen. Während des Schuljahrs gab es noch eine Unterstützung vom Elternverein, aber im Sommer ist das vorbei. Der Mathestoff ist wirklich hart, aber er hat sich das Gymnasium ausgesucht, und er will dort auch bleiben." (Brigitte Theißl, 12.7.2022)