Von außen dämmen geht meist nicht – und ist oft auch gar nicht nötig, weil Wiener Villen sehr solide gebaut sind.

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Es ist ein rotstichiger Freitagabend im Frühsommer, im Hintergrund tönt leise klassische Musik. Durch das efeuberankte Einfahrtstor der noblen Villa in Wien-Hernals sieht man einen mit Frack und Fliege bekleideten Mann, der ein silbernes Tablett mit Getränken in den Vorgarten trägt. Dort wartet eine Gesellschaft, die an einem festlich gedeckten Tisch Platz genommen hat und sich angeregt unterhält. Sie tut dies ein letztes Mal in diesem Ambiente.

Denn eine Woche später sieht es hier schon ganz anders aus. Wo vor wenigen Tagen noch vornehm diniert wurde, ziehen Reifen von Baufahrzeugen ihre Spuren im Dreck. Die Villa in der Braungasse wird saniert, und zwar von Grund auf.

Heizen mit Öl

Sie ist mit diesem Schicksal nicht allein. Denn viele Gebäude in den Wiener Villenvierteln sind etwas in die Jahre gekommen. Es fängt an bei der Heizung, die oft mit Öl läuft, weiß Richard Buxbaum, Experte für den Villenmarkt bei Otto Immobilien.

Sie ist meist die erste Baustelle, die bei der Sanierung einer Villa in Angriff genommen wird. Als Nächstes kommen die Grundrisse dran: "Sanitärbereiche sind oft zu klein oder am falschen Ort, zumal es heute in einem höherpreisigen Segment Standard ist, dass es zu jedem Schlafzimmer auch ein Bad gibt."

Zudem spielt Repräsentation eine wichtige Rolle, die Villenbesitzer wünschen sich größere Räume und lassen Wände einreißen oder Durchbrüche vergrößern. In früheren Dienstbotenvillen bzw. sogenannten Zinsvillen sind zudem oft mehrere Etagen mit einem großen Stiegenhaus miteinander verbunden. "So wird das heute meist nicht mehr gewünscht, lässt sich dann aber gut in ein Einfamilienhaus umbauen", so Buxbaum. Zusätzlich werden Aufzüge nachgerüstet für mehr Barrierefreiheit.

Mehr Platz

Durch die Pandemie ist insgesamt mehr Platz gefragt, um Bedürfnisse wie Homeoffice, Homeschooling oder Fitness flexibel befriedigen zu können. "Der Trend geht eindeutig zu größeren Objekten mit mehr Platz", sagt Sonja Kaspar, Leiterin Wohnen bei Otto, im jährlich vom Unternehmen veröffentlichten Häuser- und Villenreport. Zudem sei seit den Lockdowns der Wunsch nach mehr Grünfläche stark gestiegen.

In den traditionell stark nachgefragten Bezirken 17, 18 und 19 kommt es vor allem bei den hochpreisigen Villen auf die Lage und das Maß an Privatsphäre an. "Hier gehen die Preise auch schon mal in den zweistelligen Millionenbereich für freistehende Häuser und Villen in Toplagen, die eine entsprechende Grundstücksgröße, Ausstattung und das passende Raumangebot bieten", weiß Kaspar.

Dazu kommt, dass das Angebot an Villen auch aufgrund von Abrissen weiter schrumpft. Deutlich reduziert hat sich im Vergleich zum Vorjahr etwa der Bestand im 19. Bezirk – und zwar um 124 Häuser – sowie im 18. Bezirk, wo 45 Häuser abgerissen wurden. In den meisten Fällen wurden die Objekte durch Wohnungsbauten ersetzt, weiß man bei Otto.

Separater Zubau

Doch zurück zum Bestand: Wenn der Platz insgesamt nicht ausreicht, sind Zubauten eine Option. Allerdings ist das bei denkmalgeschützten Häusern schwierig, so Buxbaum. "Hier kann man etwa das Dachgeschoß ausbauen oder gleich ein separates Gebäude errichten, eine Garage oder ein Poolhaus."

Apropos Denkmalschutz: Er macht es in vielen Gründerzeithäusern schwer, von außen zu dämmen. Allerdings ist das oft gar nicht notwendig, so Buxbaum, weil viele Villen gut und solide gebaut sind.

Sofort einziehen

Wie potenzielle Käufer zu notwendigen Sanierungen stehen, ist laut dem Experten ganz unterschiedlich. Die größere Gruppe ist auf der Suche nach fertigen Immobilien, in die man sofort einziehen kann. Sie wollen sich nicht mit einer Sanierung und unsicheren Baukosten auseinandersetzen oder mit diversen Genehmigungen, die der Denkmalschutz eventuell erfordert.

Die zweite, kleinere Interessentengruppe kauft Villen als Liebhaberobjekte. Diese Käufer müssen meist nicht auf die Kosten achten, so Buxbaum, und haben auch keine Eile mit dem Einzug.

Wichtig sei in jedem Fall, dass Profis mit an Bord geholt werden, die einschätzen können, wo es tatsächlich dringenden Handlungsbedarf gibt und wo es vielleicht nur optische Gründe für eine Erneuerung gibt, sagt Buxbaum und betont, dass Villen immer sanft renoviert werden sollten. "Alte Häuser haben alte Seelen, und es tut ihrem Wert nicht gut, wenn darauf nicht Rücksicht genommen wird." Der Experte kennt leider auch Beispiele, wo "Häuser nach eine Renovierung nicht wiederzuerkennen und dann seelenlos waren".

In der Wiener Braungasse ist das zum Glück nicht der Fall. Die Bagger sind abgezogen, und der neue Rasen ist ausgesät. Für die nächste Dinnerparty wäre alles bereit, vielleicht wird ja bald Einweihung gefeiert. (Bernadette Redl, 26.7.2022)