Natur umspült Wunderkammer: Der Künstler Helmut Wimmer lässt einen kühlenden Gebirgsbach durch den Spanischen Saal des Schlosses Ambras rauschen – nur auf Video, versteht sich.

Helmut Wimmer

Würde Ferdinand II. seine berühmte Kunst- und Wunderkammer heute mit einem Raumteiler aus Bioplastik bestücken, dessen Formen an Korallengewächse erinnern? Oder mit Schneekugeln, durch die Mikroplastik rieselt? Immerhin wird dem Renaissanceherrscher, der in Schloss Ambras eines der ältesten Museen der Welt eingerichtet hat, ein ausgeprägtes Faible für Kuriosa und außergewöhnliche Materialien nachgesagt.

Andererseits übersteigt beim Plastik wohl das Überangebot die Sammlernachfrage: einfach zu viel da. Die Schneekugeln des Belgiers Maarten Van den Eynde repräsentieren übrigens die fünf großen Meereswirbel, in denen sich der Plastikmüll ansammelt. Mit Ausflügen in Klimakunst und -design pocht man bei One World. Macht der 4 Elemente zwar auf Zeitgenossenschaft, der Fokus der Sommerschau im Innsbrucker Schloss Ambras liegt jedoch auf der Darstellung der Elemente in der Kunst der Renaissance und des Barock.

Grundlage des Lebens

Das harmonische Zusammenspiel von Wasser, Erde, Feuer, Luft galt schon den alten Griechen als Grundlage des Lebens. Dies spiegelt sich hier ebenso wider wie der elementare Hang zu Pracht und herrschaftlicher Macht. Auch Giuseppe Arcimboldo stellte die vier Elemente dar, sein Feuerkopf aus dem KHM in Wien ist einer der Stars der Schau. Die Mähne ein brennender Scheiterhaufen, die Stirn eine aufgewickelte Zündschnur, der Rumpf ein Konglomerat aus Hakenbüchse und Kanonenrohr: Das Feuer lodert auch aus den Mündungen der Kriegsgeräte, beherrschen lässt es sich ebenso wenig wie die anderen Elemente – siehe die Flut- und Dürrekatastrophen unserer Tage.

Wenn der Medienkünstler Helmut Wimmer die vier Elemente in den prachtvollen Spanischen Saal von Ambras einfallen lässt, wirkt das aber weniger wie eine Bedrohung, sondern eher wie ein überästhetisiertes Spektakel. In einer Kupferstichserie von Nicolaes de Bruyn ist das Feuer ein muskulöses Mannsbild, das Zeus-like Blitze in der Hand hält und von gebratenem Geflügel umgeben ist, die Grundlage für Hans von Aachens Darstellung der Elemente auf Alabastertafeln bildeten Ovids Metamorphosen.

Ozeanische Schätze

Die wundersamsten Geschöpfe sind aber dem Wasser entstiegen: Meeresungeheuer, See-Einhörner, Nereiden. Hochkarätige Leihgaben stammen auch aus dem Grünen Gewölbe in Dresden. Dagegen wirkt ein einfacher Metallglobus bescheiden – und ist doch ein schönes Sinnbild für die aus dem Gleichgewicht geratene Natur. Nicolás Lamas hat ihn so lange über die Erdoberfläche gerieben, bis von der Welt nur ein paar kümmerliche Farbreste übrig waren. (Ivona Jelcic, 11.7.2022)