Die Operation Luxor wurde einst von Karl Nehammer (ÖVP) als Innenminister noch groß inszeniert.

Foto: BMI

Es sind vier Whatsapp-Sticker, über die sich die Ermittler in der Operation Luxor seit Wochen den Kopf zerbrechen. Diese zeigen nämlich unverkennbar Adolf Hitler. Mal mit ausgestreckter rechter Hand, ein anderes Mal steht in großen Lettern "Verführerisch" unter Hitlers Gesicht. Gepostet wurden diese Bilder nicht in irgendwelchen Chatgruppen von Schülerinnen und Schülern. Sondern in jenen eines islamischen Religionslehrers aus Wien, der von der Staatsanwaltschaft Graz seit fast zwei Jahren verdächtigt wird, ein Terrorist zu sein.

Im Zuge der Operation Luxor wurden eine Woche nach dem Terroranschlag in Wien österreichweit dutzende Razzien gegen mutmaßliche Muslimbrüder und angebliche Mitglieder der terroristischen Hamas durchgeführt – unabhängig vom jihadistischen Attentat. Ermittelt wird seither gegen 100 Beschuldigte – teils natürliche Personen, teils Verbände. Bisher kommen die Ermittlungen aber nicht vom Fleck. Ein Erfolg ist bisher nicht absehbar.

Das ist auch der Grund, warum das Terrorverfahren gegen den besagten Religionslehrer schon rechtskräftig eingestellt wurde, wie dessen Anwalt Andreas Schweitzer bestätigt. Auch der pauschale Terrorvorwurf wurde vom Oberlandesgericht Graz bereits für unzulässig erklärt. Doch als die Ermittler gerade dabei waren, das Handy des Mannes auszuwerten, stießen sie auf die erwähnten Hitler-Sticker.

"Wollte damit nicht hetzen"

Der Lehrer habe diese weder gepostet, das seien die Schüler gewesen, noch weitergeleitet, betont Schweitzer. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wäre die Lehrkraft aber "dazu verpflichtet gewesen, einer Verharmlosung sowie Verherrlichung des Nationalsozialismus entgegenzutreten". Das sei nicht passiert, was als Bestätigung für die "antisemitische Grundeinstellung" der Muslimbruderschaft gewertet wird. Seither werden der Lehrer und fünf junge Erwachsene mit dem Verbotsgesetz konfrontiert.

Der Ermittlungsakt zur Operation Luxor zählt tausende Seiten, hundert fasst allein der Zwischenbericht zu den Hitler-Stickern, obwohl diese Causa nur peripher mit dem Verfahren zu tun hat. Den größten Teil davon machen Einvernahmen von Schülerinnen und Schülern beziehungsweise Zeugen aus.

Ein junger Mann gab beispielsweise zu, einen der Sticker gepostet zu haben. Er habe sich nichts dabei gedacht und nicht gewusst, dass das strafbar sein könnte. "Ich wollte damit nicht hetzen. Warum ich ihn geschickt hatte, weiß ich gar nicht. Ich hatte keine bösen Absichten", sagte er aus und entschuldigte sich.

Eine Schülerin nannte ihr Sticker-Posting eine "unüberlegte und dumme Sache", ein anderer wollte mit der Weiterleitung der Bilder Hitler "lächerlich machen".

Von einer beschuldigten Schülerin stellten die Ermittler sogar zwischenzeitlich das Handy sicher. Die junge Frau verwendete als Hintergrund in Whatsapp-Chats ein Bild, auf dem eine junge Frau am Judenplatz in Wien und das dortige Holocaust-Mahnmal zu sehen sind. In Kombination mit den Hitler-Stickern konnten die Ermittler einen "ideologischen" Konnex nicht ausschließen und saugten ihre Handydaten ab. Die Frau gab an, dass das Foto bei einem Spaziergang mit einer Freundin entstanden sei. Dass der Judenplatz zu sehen ist, sei "reiner Zufall". Sie habe keine Vorurteile gegenüber Juden und nie einen solchen Hitler-Sticker verschickt.

Nazis kein Thema

Die Schülerinnen und Schüler gaben in den Befragungen durchwegs an, im Religionsunterricht nie über den Nationalsozialismus oder Hitler gesprochen zu haben. Ebenso wenig über Zionismus oder die Muslimbruderschaft. Im Unterricht sei man Koranverse durchgegangen.

Dass die Schüler explizit nach der Muslimbruderschaft und Einladungen des Lehrers zu außerschulischen Aktivitäten gefragt wurden, folgt einem Verdacht der Ermittler. Die gehen davon aus, dass der Lehrer seine Schüler in ein Institut eingeladen haben soll, in dem er sie im Sinne der Bruderschaftsideologie habe indoktrinieren wollen. Beweise dafür fehlen. Die Dokumentationsstelle Politischer Islam wies die Behörden darauf hin, dass der Lehrer dort zumindest zwei bedenkliche Predigten gehalten haben soll.

Es gilt die Unschuldsvermutung, und der Lehrer bestreitet die Vorwürfe. Seine Befragung rund um die Hitler-Sticker steht noch aus. (Jan Michael Marchart, 12.7.2022)