Bundeskanzler Karl Nehammer (links) neben Mordechai Eliav, Direktor der Western Wall Heritage Foundation.

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Montagnachmittag brach Bundeskanzler Karl Nehammer gemeinsam mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Innenminister Gerhard Karner (alle ÖVP) zu einer mehrtägigen Reise in die östliche Mittelmeerregion auf. In Israel wolle man zu Beginn vor allem die "sehr guten bilateralen" Beziehungen vertiefen und abermals die historische Verantwortung für die Verbrechen der Shoah betonen, heißt es.

Aus diesem Grund nimmt auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Österreich, Oskar Deutsch, an der Reise teil. Symbolisiert wird das Bemühen um freundschaftliche Beziehungen auch mit einem Besuch der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und der Verleihung österreichischer Staatsbürgerschaften an Nachkommen der Opfer des NS-Regimes. Außerdem soll das schon unter Nehammers Vor-Vorgänger Sebastian Kurz angebahnte Abkommen über eine Strategische Partnerschaft unterzeichnet werden.

Es wird allerdings – wie Nehammer schon anklingen ließ – auch um Energiefragen gehen, insbesondere um mögliche Gaslieferungen Israels an die EU. Israels Fördermengen haben seit 2010 konstant zugenommen, seit 2017 wird Erdgas aus den Vorkommen im Mittelmeer laufend exportiert. Auf der Liste der bilateralen Treffen sind dennoch nur politische Amtsträger – und keine Fachminister – zu finden.

Energie und Sicherheit

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen besuchte schon Mitte Juni aus demselben Grund Israel und Ägypten und beschloss eine strategische Energiepartnerschaft mit dem Ziel, israelisches Gas via Pipeline nach Ägypten zu schicken, es dort zu verflüssigen und dann per Schiff in die EU zu transportieren. Zur weiteren Diversifizierung soll auch über die Route Israel–Zypern–Kreta Gas in die EU transportiert werden. Der Weitertransport aufs Festland könnte etwa über Italien erfolgen. Das Projekt East-Med-Pipeline soll frühestens 2025 fertiggestellt werden, auch mit Mitteln der EU.

Vor allem aber soll es bei der Reise um Sicherheitspolitik gehen. Weil Bundeskanzler Nehammer zuletzt nicht müde wurde zu betonen, dass Österreich "kein sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer" sei – obwohl Nato-Staaten ringsum derzeit das Staatsterritorium vor etwaigen expansionistischen Plänen autoritärer Herrscher im nicht allzu fernen Osten schützen –, steht nach dem Israel-Besuch auch ein Besuch bei den österreichischen Unifil-Blauhelmsoldaten im Libanon, an der sensiblen Grenze zu Israel, auf dem Programm.

Aktive Neutralitätspolitik

Noch während seiner Kiew-Reise Anfang April hatte sich Nehammer äußerst skeptisch geäußert, dass eine Nato-Mitgliedschaft der lange paktfreien Staaten Schweden und Finnland unmittelbar bevorstehen würde. In der weltpolitisch dynamischen Lage ist dieser Schritt mittlerweile bereits beschlossene Sache. Österreich ist umso mehr bemüht, seine "aktive Neutralitätspolitik" zu propagieren – auch wenn diese schon deutlich aktivere Perioden erlebt hat, wie etwa der Abzug österreichischer Truppen von den Golanhöhen 2013 zeigte.

Dem 180 Soldatinnen und Soldaten starken österreichischen Kontingent im Süden des Libanon will man dafür umso mehr "Dank und Anerkennung" für die wichtige Rolle zur Stabilitätssicherung in der Region aussprechen.

Da direkte Reisen mit Linienflügen von Israel und Libanon wegen des aufrechten Kriegszustandes nicht möglich sind, bietet sich der EU- und Mittelmeerstaat Zypern als Zwischenstopp der Ostmittelmeerreise an.

Dauerthema Migration

Auch dort stehen wie in Israel hochrangige Treffen mit der Regierungsspitze auf dem Programm. Auch dort lässt sich über Gas und Österreichs historische Rolle bei UN-Friedenseinsätzen sprechen, auch wenn man sich dort schon 2001 zurückzog. Und auch dort lässt sich über ein Thema reden, das der ÖVP seit einigen Jahren ein besonderes Anliegen ist: den "Kampf gegen illegale Migration". (Fabian Sommavilla aus Jerusalem, 11.7.2022)