Justizwachebeamte in der Anstalt Graz-Jakomini sehen die Sicherheit in der Justizanstalt gefährdet.

Foto: Elmar Gubisch

Es sind heftige Missstände, die Justizwachebeamte der Justizanstalt Graz-Jakomini in einem Schreiben an die Anstaltsleitung äußern. Dieser Brief liegt der FPÖ vor, die Freiheitlichen haben den Inhalt in einer parlamentarischen Anfrage an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) veröffentlicht. Darin heißt es etwa: "Wir haben die Kontrolle verloren." Bezogen ist das laut dem Brief darauf, dass Insassen den vorgegebenen Anordnungen "sanktionslos nicht Folge leisten", dass die Anzahl der psychisch auffälligen Insassen zunehme oder dass nicht regelkonformes Verhalten viel zu spät oder zu wenig sanktioniert werde.

Die Justizwachebeamten beschreiben auch, dass sie sich von immer mehr Insassen beleidigen beziehungsweise beschimpfen lassen oder dass sie sich für dienstlich korrekte Tätigkeiten immer häufiger rechtfertigen müssten. Die Kombination aus diesen Punkten gefährde die Sicherheit in der Justizanstalt massiv.

FPÖ-Anfrage langte am 8. Juli ein

Laut FPÖ stammt das Schreiben von "mehreren Abteilungskommandanten und deren Stellvertretern", die Anfrage an Zadić langte am 8. Juli ein.

Angeführt werden einige konkrete Beispiele: So soll es mehrere Tage gedauert haben, bis ein Insasse – der einen Bediensteten der Justizanstalt (schwer) verletzt hatte – in eine andere Anstalt überstellt wurde. Ein anderer Insasse soll, weil er mit der Essensportion unzufrieden war, im großen Zellenhaus über einen längeren Zeitraum gegen seine Haftraumtür getreten und geschlagen haben. Andere Insassen beschwerten sich. "Aus Mangel an Verlegungsmöglichkeiten wird der Insasse lärmend in seinem Haftraum gelassen."

Ein anderer Insasse wurde laut dem Brief aufgefordert, sein verbotenerweise verhängtes Fenster freizumachen. Trotz Meldung setzte der Insasse diesen Umstand fort. Beim Ausrücken zum Aufenthalt im Freien sollen von Insassen "diverse Tabletten" quasi vor den Augen der Justizwachebeamten getauscht beziehungsweise verteilt worden sein – wohl wissend, dass es wenige bis keine Konsequenzen gibt. Im Brief wird außerdem erwähnt, dass "unser Klientel in letzter Zeit körperlich massiv aggressiver wurde".

Justizministerium ist der Brief bekannt

Der Brief ist dem Justizministerium bekannt, er werde "aktuell intern geprüft", sagte eine Sprecherin des Ministeriums der "Kronen Zeitung". Gemeinsam mit dem Leiter der Anstalt sowie der Personalvertretung würden als nächster Schritt Maßnahmen getroffen, "die eine Hebung der Mitarbeiterzufriedenheit zum Ziel haben".

Die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in Justizanstalten sei eine Kernaufgabe der Justizwache. Verwiesen wird auf regelmäßige Haftraumkontrollen, Betriebs- oder Raumdurchsuchungen sowie Kontrollen von Personen.

Politische Untätigkeit

Ein Personalvertreter kritisierte, dass man bereits 2019 vor solchen Zuständen gewarnt habe. Die durch das Vollzugshandbuch vorgegebenen Handlungsweisen erschwerten die Arbeit der Justiz. Seitens der Politik sei nicht reagiert worden, dies reiche vom früheren Justizminister Josef Moser über den späteren Übergangsminister Clemens Jabloner bis zu Justizsprechern im Parlament. Die Justizwache "hätte schon damals mehr Rückhalt gebraucht, um den Beruf für junge Menschen interessant, ausführbar und sicher zu machen", sagte der Personalvertreter, passiert sei das Gegenteil. Der Hilferuf aus der Steiermark müsse dringend eine notwendige rechtsstaatliche Konsequenz nach sich ziehen.

Eine Reaktion gab es dazu am Dienstagnachmittag von SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. "Die eklatanten Personalmängel in der Justizwache sind nicht mehr tragbar. In den Haftanstalten herrschen Zustände, die offenbar schon eine massive Sicherheitsgefährdung des Personals darstellen." Die heutigen Berichte würden die schlimmsten Befürchtungen bestätigen. (red, 12.7.2022)