Proteste nach Abtreibungsverbot in den USA: Jetzt will die FTC Frauen und deren Daten schützen.

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In den USA spricht man bereits von der Ära "nach Roe", also von jener Zeit, nachdem der Supreme Court das bundesweite Recht auf Abtreibung mit der Begründung, es sei nicht in der Verfassung verankert, gekippt hat. Die Gesetzgebung fiel damit an die einzelnen US-Bundesstaaten zurück. Zehn Staaten – Texas, Oklahoma, South Dakota, Wisconsin, Mississippi, Alabama, Arkansas, Louisiana, Missouri und West Virginia – haben Abtreibungen bereits kategorisch verboten und unter teils hohe Strafen gestellt.

Viele Frauen löschten daraufhin ihre Gesundheits-Apps – zu groß war die Befürchtung, Strafverfolger könnten an die Daten gelangen und Frauen möglicherweise wegen Abtreibungen belangen. Besonders Menstruationskalender-Apps standen in der Kritik, würden diese doch Rückschlüsse auf eine Schwangerschaft – oder deren Ende – zulassen. Der Kriminalisierung von Frauen, die abgetrieben haben, wäre damit ein Leichtes.

Aber selbst Frauen, die beispielsweise eine Fehlgeburt hatten, könnten plötzlich wegen "verdächtiger" App-Daten verfolgt werden. Dazu braucht es noch nicht einmal spezielle Gesundheits-Apps: Schon Standortdaten des Smartphones könnten etwa verraten, wenn eine Frau eine Abtreibungsklinik besucht hat.

Hartes Vorgehen gegen Datensammler

Jetzt will die Federal Trade Commission (FTC) einschreiten: In einem Blogbeitrag erklärt Kristin Cohen von der Abteilung für Privatsphäre und Identitätsschutz, dass man scharf gegen Datensammler vorgehen werde. Dabei nehme man besonders jene Datenhändler und Drittanbieter ins Visier, die zuvor gesammelte Daten weiterverkaufen. Es sei eine "Ironie hinter den Kulissen", dass höchstpersönliche Informationen von Menschen, die sie nicht einmal mit ihrer Familie teilen, plötzlich in den Händen völlig Fremder landeten, so Cohen.

Zwielichtiges Ökosystem

"Diese Fremden beteiligen sich am oft zwielichtigen Ökosystem von Werbetechnologien und Datenhändlern, in dem Unternehmen aus Profitgründen Daten in einem beispiellosen Umfang und mit einem noch nie dagewesenen Detailgrad austauschen", so Cohen weiter. Gerade Informationen über reproduktive Gesundheit seien besonders sensibel, heißt es in dem Beitrag.

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Daher plant die FTC, gegen Unternehmen vorzugehen, die solche Informationen nicht angemessen schützen oder nicht darüber aufklären, wie sie gespeichert, anonymisiert und weitergegeben werden. Dafür werde die Behörde den vollen Umfang ihrer Befugnisse zum Schutz der Privatsphäre der Verbraucher einsetzen, so Cohen.

Biden gegen Supreme Court

Damit folgt die US-Marktbehörde einer Erklärung von Präsident Joe Biden. Der amerikanische Präsident hatte am 8. Juli ein Dekret unterzeichnet, das den Zugang zu Verhütungsmitteln und medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen sicherstellen soll. Auch die Daten von Frauen, die sich etwa über Abtreibungen informieren, sollen besser geschützt werden.

"Wir können nicht zulassen, dass ein außer Kontrolle geratener Supreme Court, der mit den extremsten Teilen der Republikanischen Partei zusammenarbeitet, uns Freiheiten und persönliche Unabhängigkeit nimmt", sagte Biden am Freitag im Weißen Haus.

Google löscht Standortdaten

Datenschützer fordern seit dem Entscheid des obersten Gerichtshofs von Ende Juni Technologieunternehmen dazu auf, die Erfassung und Speicherung von Daten, die zur strafrechtlichen Verfolgung abtreibungswilliger Frauen verwendet werden könnten, abzustellen. Mit Erfolg: Google kündigte bereits an, es würde Aufzeichnungen über Besuche in Abtreibungskliniken automatisch aus dem Standortverlauf der Nutzer löschen. Auch Microsoft hat bereits angekündigt, Mitarbeiterinnen bei Abtreibungen zu unterstützen. (pez, 12.7.2022)