London – Auch ganz ohne offizielles Amt war zuletzt viel los bei Bernie Ecclestone. Ende Mai wurde er wegen illegalen Waffenbesitzes kurzzeitig festgesetzt, Ende Juni verstörte der langjährige Formel-1-Promoter mit Huldigungen für Kriegstreiber Wladimir Putin, den er als eine "erstklassige Persönlichkeit" bezeichnete. Doch das ganz dicke Ende könnte für den 91-Jährigen im Spätsommer kommen.
In seiner Heimat Großbritannien wird der umstrittene Manager wegen Betrugs angeklagt, Ecclestone soll der britischen Steuerbehörde Vermögenswerte von über 400 Millionen Pfund (rund 473 Millionen Euro) verheimlicht haben. Das Geld soll auf Überseekonten ruhen.
Der Fall soll erstmals am 22. August vor dem Londoner Westminster Magistrates' Court verhandelt werden. Noch ist unklar, ob Ecclestone bei dem Termin persönlich anwesend sein muss.
Falsche Angaben
"Wir können bestätigen, dass eine Anklage wegen Betrugs durch falsche Angaben gegen Bernard Ecclestone zugelassen wurde", sagte Simon York von der Steuerbehörde am Montag: "Dies ist das Ergebnis einer komplexen und weltweiten strafrechtlichen Untersuchung durch die Betrugsermittlungsabteilung."
Die Behörde stehe "auf der Seite der ehrlichen Steuerzahler, und wir werden überall dort, wo wir Steuerbetrug vermuten, hart durchgreifen. Unsere Botschaft ist klar: Niemand ist für uns unerreichbar."
Staatsanwalt Andrew Penhale erinnerte daran, dass Ecclestone ein "Recht auf ein faires Verfahren" habe: "Es ist äußerst wichtig, dass im Internet keine Berichte, Kommentare oder Informationen veröffentlicht werden, die dieses Verfahren in irgendeiner Weise beeinträchtigen könnten."
Weit höhere Summen als bei Becker
Spekulationen, was "Mister E" von der britischen Justiz drohen könnte, schossen natürlich dennoch ins Kraut. Manch einer stellte sogleich einen Bezug zu Boris Becker her. Die deutsche Tennis-Ikone sitzt seit Ende April unter anderem wegen Nicht-Offenlegung von Besitztümern und die Verschleierung von Schulden für zweieinhalb Jahre ein. Bei Ecclestone ist es aber ein anderer Fall – und es geht um weit mehr Geld.
Ecclestone, der mit umstrittenen Methoden aus der Formel 1 ein Milliarden-Spektakel gemacht hat, stand bereits vor knapp zehn Jahren in München vor Gericht. Im Juli 2013 erhob die Staatsanwalt vor dem Landgericht Anklage wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall im Zuge des Verkaufs von Formel-1-Anteilen. Im August 2014 wurde der Prozess gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 100 Millionen US-Dollar eingestellt. Ecclestones Privatvermögen wurde zuletzt auf rund 2,5 Milliarden Pfund geschätzt.
Neben dubiosen Geschäften sorgte er immer wieder mit verstörenden Huldigungen für Diktatoren und Despoten für Negativschlagzeilen. Unter seiner Ägide expandierte die Formel 1 besonders in den 2000er-Jahren, Ecclestone schloss Mega-Deals für Rennen in Ländern wie Russland, China oder Aserbaidschan. Im Januar 2017 wurde Ecclestone von den neuen Formel-1-Besitzern Liberty Media als Geschäftsführer abgesetzt. (sid, 12.7.2022)