Enthüllung: Uber hat "aggressives" Lobbying bei europäischen Spitzenpolitikern, auch in Österreich, betrieben, um die Marktlage für seine Dienste zu erkunden und womöglich zu verbessern. Böser, böser US-Konzern.

Fehlt nur eine Kleinigkeit: In Österreich lief es genau umgekehrt. Durch aggressives Lobbying der Taxibranche ist Uber um kundenfreundliche Angebote gebracht worden.

Uber ist ein tougher US-amerikanischer Anbieter von Dienstleistungen, wo alles über eine App läuft.
Foto: REUTERS/Phil Noble

Für einen langjährigen berufsmäßigen Uber- und Taxibenutzer wie den Autor dieser Zeilen stellt sich die Sache ungefähr so dar: Das modernere und effizientere Uber-System wurde durch intensives Lobbying des Taxigewerbes gesetzlich in die Taxi-Gewerbeordnung hineingezwungen. Ein Kollege von der Presse fasste das in die Schlagzeile: "Ziel erreicht! Uber gleich schlecht wie Taxis".

Uber ist ein tougher US-amerikanischer Anbieter von Dienstleistungen, wo alles über eine App läuft. Die Vertragsfahrer wurden – es gibt auch andere Anbieter, wie etwa Bolt – ziemlich komplikationslos und ohne Zwischenschaltung von Telefonzentralen oder Taxistandplätzen mit den Kunden zusammengebracht. Diese App hat den Vorteil bargeldloser Bezahlung und diverser Funktionen, wie etwa eine Bewertung der Fahrer nach Höflichkeit, Fahrverhalten und Einhaltung der Covid-Vorschriften. Das hat positive Auswirkungen auf die Kundenfreundlichkeit. Die Strecke wird von der App berechnet. Dispute über Fahrpreise, Strecken und so weiter sind selten. Rechnungen werden vom System erstellt. Der Fahrpreis richtet sich nach Tageszeit und Verkehrsfrequenz und war in Österreich bis vor kurzem deutlich günstiger als jener von Taxis. Auch deswegen, weil billige Scheinselbstständige eingesetzt wurden.

Überflüssige Streitereien

Österreichs (Wiens) Taxigewerbe hingegen ist ein Kartell mit gesetzlich festgelegten Preisen und ohne jeden Wettbewerb. Bis vor zehn, zwanzig Jahren war der typische Wiener Taxifahrer oft ein übellauniger Geselle mit einem alten Wagen und manchmal kreativer Streckenwahl. Das mit den Autos hat sich klar gebessert, die Fahrer sind inzwischen viel weniger "original wienerisch". Aber überflüssige Streitereien über die Strecke, zu laute Autoradios oder übers Maskentragen gab/gibt es trotzdem. Rechnungen werden oft ungern und umständlich ausgestellt. Beschwerden sind an das Salzamt zu richten. Aber dafür haben die Fahrer die Taxiprüfung! Dass das Navi schon erfunden ist und niemand mehr tausende Gassen auswendig lernen muss, weiß man in der Taxi-Innung anscheinend nicht.

Unter dem Strich hat es das Taxigewerbe verabsäumt, ebenfalls eine kundenfreundliche App zu entwickeln, sondern verließ sich auf Lobbying bei ÖVP/FPÖ und WKO. Mit Erfolg: Unter dem FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer wurden die Fahrer gezwungen, die Taxiprüfung abzulegen. Laut Uber-Österreich-Chef Martin Essl fehlen dadurch in Wien tausende Fahrer, die gar nicht antraten. Ergebnis: längere Wartezeiten, Auftragsannahme nach Lust und Laune, höhere Preise.

Die Attraktivität von Uber und Co beruhte sicher auf einem "kapitalistischen" Modell – wobei viele Migranten und Asylwerber so Arbeit fanden –, aber mehr noch auf Modernität. Das alteingesessene Taxigewerbe hingegen vertraute nur auf das Modell "politischer Einfluss". Offenbar erfolgreicher als Uber. (Hans Rauscher, 12.7.2022)