Was soll man tun gegen die immer höheren Strompreise, die spätestens im kommenden Herbst und Winter das Zeug haben werden, viele Menschen in Österreich in echte existenzielle Nöte zu stürzen? Eine Idee wird derzeit immer häufiger ins Treffen geführt: ein Strompreisdeckel, wie ihn Spanien und Portugal befristet eingeführt haben.

Grob gesagt funktioniert dieser Deckel so: Der Gaspreis wird stark gesenkt und staatlicherseits mit einer Preisgrenze versehen, die bei rund 49 Euro pro Megawattstunde liegt. Infolgedessen sinkt auch der Strompreis. Denn bei der Strompreisbildung bestimmt jeweils das teuerste Kraftwerk den Preis für die gesamte Stromproduktion, üblicherweise ein Gaskraftwerk. Wenn Strom aus Gasverbrennung plötzlich viel billiger wird, sinken daher die Gesamtkosten für die Elektrizität.

Wenn Strom aus Gasverbrennung billiger wird, sinken die Gesamtkosten für die Elektrizität.
Foto: imago images/photothek/Florian Gaertner

Das Modell hat zwar auch Nachteile – vor allem ist der Verbrauch an Gas ziemlich hoch, da es vom Staat künstlich billig gehalten wird. Allerdings erfüllt der Deckel im Großen und Ganzen seinen Zweck: Der Strom bleibt für Spaniens und Portugals Kundinnen und Kunden leistbar.

Zusammenarbeit

Aber ließe sich dieses iberische Modell in Österreich übernehmen? Vielleicht sogar im nationalen Alleingang, abseits einer Initiative für die ganze EU?

Nein – zumindest nicht in Reinform. Denn Österreich ist nicht Spanien. Die Iberische Halbinsel ist in Sachen Elektrizität weitgehend isoliert vom Rest des Kontinents, weshalb das Modell dort funktioniert; Österreich hingegen ist eng in den zentraleuropäischen Strommarkt eingebunden. Der Strom würde sofort in umliegende Staaten abfließen, würde er allein in Österreich verbilligt. Und sollte es irgendwie gelingen, die Stromexporte ins Ausland zu unterbinden, würde schon das nächste Problem warten: Im Winter ist Österreich regelmäßig darauf angewiesen, Strom aus Nachbarländern zu importieren – das wäre ein schwieriges Unterfangen, wenn zuvor die Handelsbeziehungen weitgehend gekappt worden sind.

Für einen wirkungsvollen Strompreisdeckel bräuchte es also die Zusammenarbeit der gesamten EU – oder, wenn das nicht geht, zumindest weitgehende Abmachungen unter jenen Staaten, die am zentraleuropäischen Strommarkt eng miteinander verflochten sind und eine Preiszone bilden. Das wären neben Österreich etwa Italien, Deutschland, Tschechien, Polen und Slowenien. Ein rein nationalstaatlicher Strompreisdeckel in Österreich ist zum Scheitern verurteilt. (Joseph Gepp, 13.7.2022)