Auf einem Schotterweg neben dem geplanten Rodungsgebiet gehen Gmundnerinnen, Touristen und Hundebesitzer gerne spazieren.
Foto: Reiner Riedler

Der Schotterweg ist finster, Bäume fangen das Sonnenlicht ab. Einige von ihnen sind zehn Meter hoch, zwischen ihnen wuchern Sträucher. Auf der einen Seite verläuft ein kleiner Kanal, in dem das Wasser vom Traunsee stillsteht. Auf der anderen Seite steht ein schlichter Zaun. Er wäre leicht zu überwinden, aber das tut keiner, das Augebiet dahinter bleibt vom Menschen unberührt. Doch wahrscheinlich schon bald wird es diesen Wald nicht mehr geben.

Im Gmundner Toscanapark, einem idyllischen Naherholungsgebiet in der Stadt am Traunsee, soll eine Waldfläche von knapp 6.000 Quadratmetern gerodet werden. Das entspricht der Größe von 23 Tennisplätzen, für Sport ist der Bereich aber nicht vorgesehen. Das leerstehende Landschloss Ort, in dem bis vor wenigen Jahren eine Forstschule untergebracht war, soll in ein Hotel umgewandelt werden. Das benachbarte Kongresszentrum würde belebt werden und damit auch der gesamte Tourismus in Gmunden, so die Hoffnung.

Für den Hotelparkplatz soll der Wald weichen. Das stößt auf Unverständnis. "Das ist ein verheerendes Zeichen", sagt Werner Binder. Er hat den Verein "Wald statt Parkplatz" gegründet, dessen Zweck steckt im Namen. Binder und seine Vereinskollegen fordern: "Der Wald muss so bleiben, wie er jetzt ist."

Ein Parkplatz pro Zimmer

Das Gesetz schreibt für neue Hotels in Oberösterreich je Zimmer einen Parkplatz vor. Für ein zusätzliches geplantes Restaurant im Landschloss Ort muss zusätzlich pro fünf Sitzplätze ein Parkplatz zur Verfügung stehen. Für das geplante Projekt ergibt sich ein Bedarf von 227 Parkplätzen. Sie sollen dort geschaffen werden, wo sich derzeit ein Biotop befindet.

Aktuell herrscht ohnehin eine gereizte Stimmung in Gmunden. Zuletzt wurde öffentlich, dass gar der gesamte Toscanapark an Hotelentwickler verpachtet wurde. Das hat so gut wie jeden in Gmunden überrascht. Niemand will davon gewusst oder es mitbekommen haben, obwohl es immerhin in öffentlichen Kundmachungen Hinweise darauf gegeben hat. Zudem wurden im Nachbarort Ohlsdorf für ein geplantes Zentrallager des Rewe-Konzerns mehr Wald planiert als geplant.

Die drohende Bodenversiegelung im Gmundner Toscanapark regt auf. Binder von "Wald statt Parkplatz" will einen "Unwillen" in der Stadtpolitik erkennen, den Wald zu retten. Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP) sagt dem STANDARD, das Areal, auf dem der Parkplatz geplant ist, sei bereits seit den 1970er-Jahren als Parkfläche gewidmet. Die Lage sei "juristisch eindeutig". Auch Teile der Gmundner Opposition berufen sich auf diese Widmung, als ob es das Totschlagargument schlechthin wäre.

Ein halbes Jahrhundert ist eine lange Zeitspanne. Meinungen können und dürfen sich ändern, vor allem bei Klimathemen. Die Fläche könnte ja im Gemeinderat wieder rückgewidmet werden. Darauf angesprochen, sagt Krapf, man müsse dies mit den touristischen Interessen der Stadt abwägen. Er erhoffe sich "eine neue Ära" für Gmunden: Auch am Seeufer auf der anderen Seite des Abflusses der Traun, nordöstlich des Toscanaparks gelegen, ist ein Hotelprojekt geplant.

Die Folgen einer Waldrodung könnten direkt spürbar werden. Das österreichische Umweltbundesamt schreibt auf seiner Homepage: Versiegelter Boden führt zu einem Anstieg der lokalen Temperaturen, weil der Boden kein Wasser verdunsten kann. Parkanlagen seien deshalb "besonders wichtig", heißt es. Zudem führt betonierte Fläche zu erhöhter Staubbelastung. Gleichzeitig steigt das Hochwasserrisiko. Das ist für den Toscanapark besonders relevant: Laut Daten des Umweltwarndienstes Hora besteht für die Fläche eine hohe Gefährdung auf Überflutung bei einem 30-jährigen Hochwasserereignis.

Das Toscana-Kongresszentrum in Gmunden.
Foto: Reiner Riedler

Drei Alternativen

Aus der Geschäftsführung der Hotelentwickler heißt es, auf den geplanten Parkplatz angesprochen, in einer schriftlichen Stellungnahme: "Das Thema des Parkplatzes kennen wir, und wir nehmen die Sorgen und Anliegen der Gmundner Bürger sehr ernst." Es habe Gespräche mit dem Gmundner Rathaus gegeben, "um entsprechende Lösungen zu finden". Konkrete Vorschläge werden nicht genannt. Dem Vernehmen nach soll der gerodete Wald aufgeforstet werden: Die Anzahl der gefällten Bäume wird an einer anderen Stelle neu gepflanzt. Das ist schön und löblich, aber vorgesehen ist dafür unter anderem eine Fläche in Traunkirchen elf Kilometer südlich des Parks. Davon haben Gmundnerinnen und Gmundner wenig.

Derzeit scheint es drei Alternativen zu geben. Die erste wäre, einen bestehenden Parkplatz zu verwenden. Gleich neben dem betroffenen Waldstück befindet sich ein weiterer, der der Stadt Gmunden gehört. Parken kann man dort gratis, das wird gerne von Besucherinnen und Besuchern des Strandbads genutzt. Diese Fläche ließe sich "optimieren", wie es heißt.

Die Stellflächen könnten so arrangiert werden, dass mehr Autos Platz hätten. Weil allerdings bauliche Adaptierungen vorgenommen werden müssen, würde die Variante vier Millionen Euro kosten, sagt Krapf dem STANDARD. Der Neubau des Parkplatzes auf der Waldfläche samt Rodung koste knapp eine Million Euro. Die Differenz müsste die Stadt Gmunden zahlen, und das gelte es sich gut zu überlegen, sagt Krapf.

Option zwei wäre eine Tiefgarage, an die allerdings niemand mehr glaubt. Das Gebiet sei dafür zu sumpfig, heißt es in einem Gutachten. Drittens gebe es die Möglichkeit, auf dem bestehenden Parkplatz ein Parkdeck zu errichten. Doch auch dies sei zu teuer. Die Betonfundamente müssten zehn Meter in den Boden ragen, der finanzielle Aufwand sei zu hoch, heißt es von Krapf sinngemäß.

Ein Banner vor dem gefährdeten Waldstück: "Stoppt die Bodenversiegelung"
Foto: Reiner Riedler

Wie viel ist der Boden wert?

Der Verein "Wald statt Parkplatz" stellt den Zahlen eine andere Überlegung gegenüber. "Da stimmt die Bewertung des Bodens nicht", sagt Binder. Er fragt sich: Wie teuer ist denn ein Wald, wenn er so nahe am Stadtzentrum steht? Den Wert für das Grundstück und für das Holz, das gerodet würde, lasse sich einfach errechnen. Der Wert des Waldes als Naherholungsgebiet für die Menschen in Gmunden sei nicht in Zahlen zu fassen.

"In der Frage, wie wir mit der Umwelt umgehen sollen, gibt die Stadt kein gutes Bild ab", sagt Binder. Kurzfristig wünscht er sich ein ernsthaftes Interesse der Stadt, alternative Vorschläge für den Parkplatz auszuarbeiten. Langfristig solle das Grundstück rückgewidmet und unter Naturschutz gestellt werden. (Lukas Zahrer aus Gmunden, 13.7.2022)