Tanken ist so teuer wie nie, mit Preissenkungen ist so rasch wohl nicht zu rechnen.

Foto: imago

Autofahren bleibt teuer. Der Liter Diesel kostete zu Wochenbeginn an Österreichs Tankstellen im Schnitt 2,079 Euro, der Liter Super 2,092 Euro. Im Jahresabstand hat sich Sprit damit um mehr als 60 Prozent verteuert.

Martin Grasslober, Leiter Verkehrswirtschaft beim ÖAMTC, hegt im Gespräch mit dem STANDARD schwere Bedenken, was das Zustandekommen der Preise betrifft. Private Unternehmen wie Argus und Platts sind für die Notierungen in Rotterdam verantwortlich. Und Rotterdam, wichtigster Ölumschlaghafen in Europa, ist für die Preisgestaltung auch in Österreich maßgeblich. "Die Preise an der Zapfsäule sind nach unserem Dafürhalten zu hoch", sagt Grasslober.

Dass die Preise so sind, wie sie sind, hängt einerseits mit den Rohölnotierungen zusammen, die zuletzt zwar etwas gesunken, aber immer noch hoch sind. Auch der schwache Euro spielt eine Rolle.

Schwacher Euro verteuert Ölrechnung

Am Dienstag war die europäische Einheitswährung erstmals seit 20 Jahren nur mehr einen Dollar wert. Das verteuert die Energierechnung, weil Öl in Dollar gehandelt wird. Und der Unfall in der Raffinerie Schwechat kommt in der gesamten Gemengelage noch obendrauf. Beim Schlusscheck vor Inbetriebnahme der Rohöldestillationsanlage 4, die wartungsbedingt mehrere Wochen außer Betrieb war, kam es zu einer folgenschweren Beschädigung. Zwar bemühte sich der Eigentümer OMV, Ersatz für weggebrochene Spritmengen zu finden. Das bedarf einer ausgeklügelten Logistik, was die Kosten eher treibt als dämpft. Zweimal musste schon die Notfallreserve angezapft werden, die als Konsequenz der Ölkrise in den 1970er-Jahren eine Bedarfsbevorratung von 90 Tagen vorsieht. Die in Österreich tätigen Mineralölkonzerne sind verpflichtet, gemäß ihrer Größe die Tanks in Lannach (Steiermark) zu füllen. Die Mengen dürfen nur im Notfall angetastet werden.

Notfallreserve angezapft

Kurz nach dem Unfall, der das Arbeiten in der Raffinerie voraussichtlich bis Ende August einschränkt, hat die OMV an das Energieministerium den Antrag um Freigabe von Mengen gestellt. 112.000 Tonnen Diesel und 56.000 Tonnen Benzin waren es am 4. Juni, Anfang dieser Woche waren es noch einmal 100.000 Tonnen Diesel und Halbfabrikate, die im unbeschädigten Raffinerieteil von der OMV selbst zu Diesel weiterverarbeitet werden. Damit will man das Auslangen bis zum Vollbetrieb der Raffinerie finden, heißt es seitens der OMV.

Wenn der Vollbetrieb in der Raffinerie wieder läuft, muss die OMV die entnommenen Mengen in Lannach wiederauffüllen. Die Dieselknappheit in Europa erkläre sich durch den sanktionsbedingten Wegfall von Mengen aus Russland und den höheren Bedarf seit Corona, sagte die OMV. Europa sei Dieselimporteur. (Günther Strobl, 12.7.2022)