Wir leben in einer Zeit, in der die Rekorde nur so purzeln, wenn auch leider ganz besonders die negativen, und vor allem in der Natur. Das schlägt sich auch sprachlich nieder. Ein summarischer Check in unserem Archiv – kein wissenschaftlicher Anspruch, bitte – bringt in den vergangenen zehn Jahren circa dreimal so oft das Wort "Starkregen" hervor wie in den zehn Jahren davor. Oder war früher "stark" als Teil des Substantivs "Regen" nur einfach nicht so üblich, weil hässlich? Nach "starker Regen" zu suchen sprengt wegen der Deklinationsvarianten mit oder ohne Artikel den Rahmen ...

Dem Jahrhunderthochwasser geht meist ein Starkregen voran.
Foto: IMAGO/ITAR-TASS/Dmitry Feoktistov

Was das Stark dem Regen ist, ist jedenfalls das Jahrhundert dem Hochwasser. Dem Jahrhunderthochwasser geht meist ein Starkregen voran. Jahrzehnthochwasser, was in diesen Zeiten vielleicht realistischer wäre, schreibt und sagt sich nicht so gut. Und wer heute mit Jahrhunderten um sich wirft, wird anno 2100 schwerlich zur Rechenschaft gezogen werden. Also nur zu! Wir sind ja auch noch immer nicht illusionslos genug, um nicht von "Jahrhunderthitze" zu schreiben.

Dr. Google findet auch "Ausnahmehochwasser": Die Kombinationen mit "Ausnahme" sind jedoch meist Menschen vorbehalten und positiv gemeint. Man denke an all die armen normalen Künstler und Politikerinnen, die neben den Ausnahmekünstlerinnen und Ausnahmepolitikern ihr Leben fristen! Kleiner Trost, immerhin entkommen sie der Starksprachkatastrophe. (Gudrun Harrer, 12.7.2022)