Scherer strebt Konsens an, sieht den ÖSV als Bindeglied.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien – Mag sein, dass der Standort den Standpunkt des Skiverbands bestimmt hat. Dennoch waren nicht wenige, die da kürzlich an einer Ordentlichen Hauptversammlung des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC) teilnahmen, über das Stimmverhalten des ÖSV verblüfft. Im ÖOC durch seine Präsidentin Roswitha Stadlober vertreten, hat sich der Skiverband da eindeutig gegen geheime Abstimmungen ausgesprochen. Kurz zuvor, bei der mittlerweile angefochtenen Wiederwahl des Weltverbandspräsidenten Johan Eliasch, hatte der ÖSV noch gemeinsam mit anderen Verbänden vehement gefordert, diese Wahl möge geheim erfolgen. "Wie passt das zusammen?", fragten und fragen sich Vertreterinnen und Vertreter anderer Fachverbände.

Dem Vernehmen nach hatte eine Mehrheit der Mitglieder, also vor allem der Fach- und Dachverbände, das ÖOC dazu bewegen wollen, Abstimmungen künftig geheim abzuhalten. Eine allerdings etwas zu kleine Mehrheit. Jene zwei Drittel der Stimmen, die für einen wirklichen Turnaround notwendig gewesen wären, haben sich dann doch nicht gefunden.

Bleibt die Verwunderung über den ÖSV, der Österreichs erfolgreichster Fachverband ist. "Wie passt das zusammen?", will nun auch DER STANDARD von Christian Scherer wissen. Der Generalsekretär des Skiverbands war ÖSV-Delegierter bei der Fis-Generalversammlung Ende Mai in Mailand. Dort sollte Eliasch, obwohl er kurz zuvor mit strittigen Plänen große Teile der Skiwelt irritiert hatte, per acclamationem bestätigt werden. Daraufhin beantragte Scherer, die Abstimmung möge geheim erfolgen, und präsentierte einen Brief, in dem 15 Nationen den Wahlvorgang kritisierten.

Anders gelagerter Fall

Schließlich war Eliasch der einzige Kandidat, anwesende Delegierte konnten nur für und nicht gegen ihn stimmen. Deshalb verließen viele den Saal, und Eliasch wurde nur von 70 der 115 stimmberechtigten Delegierten gewählt. Einstimmig, so hat die Fis dieses Ergebnis transportiert. Einstimmigkeit wäre freilich auch gegeben gewesen, hätte nur ein einziger Delegierter für Eliasch gestimmt. Scherer: "Das deckt sich nicht mit unserem Rechts- und Demokratieverständnis. So kann eine Wahl nicht ablaufen." Die Causa ist mittlerweile gerichtsanhängig, der ÖSV hat gemeinsam mit den Verbänden Deutschlands, der Schweiz und Kroatiens den Sportgerichtshof CAS angerufen.

Doch im ÖOC-Fall, sagt Scherer, war der Fall anders gelagert. Da hätten einige Verbände künftig selbst über "Regeländerungen" geheim abstimmen lassen wollen. Der ÖSV-Generalsekretär hat sehr wohl festgestellt, dass im heimischen Sport zuletzt viele Fragen strittig waren, er will sich um Konsens bemühen. Sollte vor der 2023 angesetzten ÖOC-Präsidiumsneuwahl beantragt werden, diese Wahl möge geheim erfolgen, werde sich der Skiverband nicht querlegen. "Mit geheimen Wahlen", sagt Christian Scherer, "haben wir kein Problem." (Fritz Neumann, 14.7.2022)