Harry Bergmann schaut im Gastblog ins Narrenkastl und sieht einen grauslichen Präsidentschaftswahlkampf auf uns zukommen.

Der Narr wundert sich selten. Er hat schon alles gesehen – obwohl alle glauben, dass er nur ins Narrenkastl schaut –, und deshalb kann ihn kaum etwas überraschen. Aber manchmal taucht da einer auf, den man schon fast vergessen hat, und das erstaunt den Narren dann doch, obwohl man sich fragt, was er denn von denen – den Blauen – anderes erwartet hat. "Wo kommst du denn plötzlich her? Was willst denn du hier?"

So einer ist der Rosenkranz.

Die Blauen, das sind die, die kein schönes Blau haben, wie das Blau des Himmels, sondern ein Blau, das schmutzig ist, wie etwas, das in eine schmutzig-braune Pfütze gefallen ist.

So einer ist der Rosenkranz.

Dieser Rosenkranz ist hier, weil er Bundespräsident werden will. Und schon hört der Narr, der immer aufmerksam zuhört, wie sie sagen: "Dem trauen wir ein achtbares Ergebnis zu."

Achtbar? Warum sollte man diesem Kandidaten Achtung entgegenbringen? Einer, der einer schlagenden Verbindung angehört, einer, der Mensuren gefochten hat, so einer will in die Präsidentschaftskanzlei? "Nein, danke", sagt die Achtung.

So einer ist der Rosenkranz.

"Wenn einer eine Wahl nicht gewinnen kann, warum tritt er dann überhaupt an?", fragt sich der Narr und gibt sich gleich selbst die Antwort: "Es geht nicht um den Sieg, es geht um den wochenlangen Wahlkampf, in dem alle Grauslichkeiten dieser Welt gesagt werden können. Alles, was aus dieser schmutzig-braunen Pfütze gezogen werden kann. Das Deutschnationale. Das Fremdenfeindliche. Das Ewiggestrige. Das Corona-Leugnende. Das Verschwörungstheoretische.

So einer ist der Rosenkranz.

Und der Narr, der alles hört, auch das, was aus der tiefsten Vergangenheit kommt, hört ganz leise eine Strophe aus "Heil dir im Siegerkranz!", und es wird ihm ganz kalt. (Harry Bergmann, 15.7.2022)