Die EU-Kommission schlägt eine Absenkung der Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden, Büros und Einkaufszentren auf 19 Grad vor, sollte kein Gas mehr aus Russland kommen.

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Die EU-Kommission arbeitet schon seit längerem an einem Gasnotfallplan. Eine der vorgesehenen Empfehlungen aus einem breiteren Strauß an geplanten Maßnahmen zur Einsparung von Energie bei Ausbleiben von Gaslieferungen aus Russland ist eine Absenkung der Raumtemperatur. "Ein richtiger Schritt," sagte Angela Köppl vom Wirtschaftsforschungsinstitut im STANDARD-Gespräch.

Eine Reduktion der Raumtemperatur in Büros, öffentlichen Gebäuden und kommerziellen Zentren – sprich Supermärkten und Einkaufscenter – könne sicher etwas an Einsparung bringen. Was die Temperatur betrifft, müsse darauf geachtet werden, dass Mitarbeiter dennoch gut arbeiten können und trotzdem ein Einspareffekt gegeben ist. Auch Temperaturabsenkungen in Zeiten der Nichtnutzung von Gebäuden und Räumen sollten zur Selbstverständlichkeit werden. Die Beschäftigten müssten jedenfalls darauf vorbereitet und eingebunden werden. "Sonst könnte es Widerstand geben", sagt Köppl. Die EU-Kommission schlägt, wie berichtet, eine Absenkung der Raumtemperatur auf 19 Grad vor.

Wärmer anziehen

"Wir sollten uns wieder angewöhnen, uns den Jahreszeiten entsprechend zu kleiden – sprich im Winter wärmer anziehen als im Sommer", sagt Köppl. "Es wird nicht anders gehen, als dass wir alle Einsparpotenziale auch wirklich nutzen."

Auch bei Rewe sieht man den Vorstoß der EU-Kommission als richtigen Schritt, merkt aber an, dass dazu auch eine Änderung der Arbeitsstätten-Verordnung notwendig ist. "Wir müssen den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eine gewisse Raumtemperatur zur Verfügung stellen", sagt Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher. "Wenn das nicht geht, wie beispielsweise in unseren Frischelagern oder in den Tiefkühllagerräumen, müssen die dort tätigen Personen entsprechende Arbeitskleidung tragen und Arbeitspausen einhalten."

Abwärme nutzen

Sollte es auf 19 Grad hinauslaufen, müsste die Temperatur in den Filialen der Rewe-Gruppe um etwa drei Grad gesenkt werden. Denn die Durchschnittstemperatur belief sich im vergangenen Winter in den Innenräumen der Supermärkte und kleineren Filialen im Schnitt auf 22 Grad. Darüber hinaus nütze man, wo immer es geht, Abwärme von den Kühlmöbeln zum Beheizen der Räumlichkeiten. Von den rund 1.200 Billa-Filialen würden bereits rund 800 komplett mit Abwärme beheizt, sagt Pöttschacher, und das Ausbauprogramm gehe weiter. "Dort brauchen wir kein Gas und auch kein Öl."

Bei Spar ist man "gerade dabei, die Notfallpläne zu studieren", um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, wie Unternehmenssprecher Lukas Wiesmüller sagt. Im Besucherbereich habe man die Filialen im Winter ohnehin nicht mir mehr als 18 Grad im Schnitt beheizt, in den Aufenthaltsräumlichkeiten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sei es "logisch wärmer". Von der Aufforderung, insbesondere auch Gas zu sparen, sei man konkret in 200 von insgesamt 1.600 Filialen betroffen. Dort werde noch großteils mit Gas oder mit Öl geheizt. An allen anderen Standorten habe man das Heizsystem bereits auf nichtfossile Brennstoffe umgestellt.

"Wir haben mit den 19 Grad überhaupt kein Problem," sagt Peter Schaider, Eigentümer des Auhofcenter in Wien. "Wir heizen sowieso im Winter mit maximal 20 Grad, weil die Eigenerwärmung durch die Besucher im Einkaufszentrum und die Beleuchtung eine sehr hohe ist." Nur Spezialbereiche wie Ordinationen und Kinderbereiche würden mehr geheizt. Im Auhofcenter an der Wiener Westausfahrt sind laut Schaider rund 150 Geschäfte eingemietet.

Auch IEA empfiehlt Temperaturabsenkung

Mit ihrer Empfehlung, die Raumtemperatur abzusenken, greift die EU-Kommission einen Vorschlag der Internationalen Energieagentur (IEA) auf. Die in Paris ansässige Industriestaatenorganisation hat bereits im März in ihrem Aktionsplan zur Reduzierung der Abhängigkeit von russischem Gas eine Absenkung der Raumtemperatur zum Beispiel in öffentlichen Gebäuden angeregt. (Günther Strobl, 14.7.2022)