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Der Start war geglückt, der Rest der Geschichte weniger: "Österreich trotzt Online-Riesen!", jubelte die "Kronen Zeitung" am 1. Dezember 2020 zum Start des Kaufhaus Österreichs. Die Plattform "sichert wichtige Arbeitsplätze in unserem Land", wurde die damalige Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck zitiert. Doch vor allem sicherte sie der türkis-blauen Regierung Häme. Als DER STANDARD kurz nach dem Start des Online-"Kaufhauses" dort nach Büchern suchte, wurden ihm ferngesteuerte Modellhelikopter und eine Stresswurst vorgeschlagen; bei Tierbedarf gab es ein Modegeschäft für Menschen. Kurzum: ein "irrer Shopping- Trip", so der damalige Titel im STANDARD.

Dass die Suchfunktion ein "Fehler" war, räumte vor drei Wochen auch Schramböcks einstiger Generalsekretär Michael Esterl ein. Man habe die Plattform mitten im ersten Corona-Winter aufgesetzt, und "außergewöhnliche Zeiten brauchen außergewöhnliche Maßnahmen". Über das Weihnachtsgeschäft habe man die Suchfunktion noch laufen lassen, dann sei die Plattform umgewandelt worden.

Ende Juni 2022, zwei Tage nach Esterls Befragung im U-Ausschuss, schloss das Kaufhaus Österreich dann endgültig seine virtuellen Pforten.

"Redaktioneller Verkauf"

Aber wie war es zur anfänglichen Euphorie der "Kronen Zeitung" gekommen? Antworten dazu will die Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper in ministeriumsinternen E-Mails entdeckt haben. Dort hieß es Ende Oktober, Pressemitarbeiter seien in Kontakt mit der "Krone"-Chefredaktion und Herausgeber Christoph Dichand rund um den "redaktionellen Verkauf betreffend Kaufhaus Österreich". Man hätte "großes Interesse gezeigt", aber das Ministerium müsse dann "auch gleich mit den Schaltungen nachgehen". Für die Opposition zeigt das symptomatisch ein altes österreichisches Problem: Redaktionelle Berichterstattung werde mit Inseraten verknüpft. Tatsächlich erschienen in den Tagen nach dem "Kaufhaus Österreich"-Titelblatt auch mehrere Inserate des Ministeriums in der "Krone", sie zeigten etwa eine Frau beim Arbeiten am Computer mit dem Sujet "Digitalisierung bringt Wachstum und Arbeitsplätze".

Aus der "Krone" hieß es auf Anfrage des STANDARD: "Wir können für die 'Kronen Zeitung' ausschließen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem 'Interesse an einer möglichen Geschichte' und Anzeigenschaltungen gibt". Unabhängigkeit sei ein wichtiger Wert der Krone und von Beginn an im Redaktionsstatus verankert, redaktionelle Verantwortung und Werbemarkt-Verkauf seien auch firmenmäßig getrennt.

Im U-Ausschuss meinte Schramböck am Donnerstag dazu, dass sie weder die Mail kenne noch inhaltlich eingebunden gewesen sei – ebenso wenig wie in die Gestaltung des Inserats. Sie finde es aber gut, dass ihr Team das "so gemacht hat". Und wie viel habe das Kaufhaus Österreich gekostet? "Das ist mir jetzt nicht so verinnerlicht", antwortete Schramböck, die im Mai von ihrem Ministerinnenamt zurückgetreten ist. Laut Berechnungen der Opposition soll das Projekt, das mit der Wirtschaftskammer aufgesetzt worden ist, ja deutlich teurer als bislang bekannt gewesen sein. Wie schon bei Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), die gleichzeitig mit Schramböck zurückgetreten war, verwies Schramböck bei kritischen Fragen fast immer auf die Fachabteilungen ihres Ressorts.

Beliebtheitswerte

Merkwürdige Umfragen, in denen Beliebtheitswerte von der Opposition und – neunzehnmal in ihrer Amtszeit – Ministerin Schramböck abgefragt wurden: Da sei sie "nicht in den Prozess involviert" gewesen. Umstrittene Postenbesetzungen: Da habe sie sich stets an die Empfehlungen der Kommissionen gehalten. Das kontrovers diskutierte Leitbild von Sophie Karmasin, das für mehr als 100.000 Euro erarbeitet worden sei? Da sei Schramböck beim Vergabeprozess "nicht dabei gewesen". Eine Pressekonferenz, die extern organisiert wurde und 28.000 Euro gekostet hat? Mit deren Organisation habe sie nichts zu tun gehabt.

Nach Ausschöpfen der maximalen Befragungszeit von vier Stunden durfte Schramböck dann am frühen Nachmittag wieder gehen. Damit ist der U-Ausschuss fürs Erste beendet. Für den Herbst haben die Abgeordneten aber große Pläne: Dann soll endlich der frühere Öbag-Chef und Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, befragt werden. Wenn nötig, sollen ihn die Sicherheitsbehörden dafür sogar mit Zwangsgewalt "anhalten" und vorführen, hieß es in einem Antrag, der einstimmig angenommen wurde. Dann dürfte man auch näher an die Causa Umfragen heranrücken, die im Herbst 2021 ja auch diesen U-Ausschuss mitausgelöst hatte. Noch ausstehend sind etwa Befragungen von Meinungsforscherin Sabine Beinschab, die ja den Kronzeugenstatus erhalten will, von Ex-Kanzler Sebastian Kurz oder dem früheren Finanzminister Gernot Blümel. Auch aus der Korruptionsstaatsanwaltschaft stehen noch Auskunftspersonen bereit – womöglich gibt es bis dahin ja Neues zu besprechen. (Fabian Schmid, Renate Graber, 14.7.2022)