Hegerberg schoss in 60 Spielen zur Champions League 59 Tore.

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Die Österreicherinnen bereiten sich auf ein hartes Stück Arbeit vor.

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Ticker zum Showdown um den EM-Viertelfinaleinzug: Österreich vs. Norwegen, Fr., 21 Uhr

Alle wollten es, sie bekommen es: Österreichs Fußballerinnen treffen am Freitag in Brighton auf Norwegen (21 Uhr, ORF 1). Das war schon vor dem Turnier klar, nicht klar war, dass es bei dem Match um den Aufstieg ins Viertelfinale gehen würde. Das war so erhofft. Die Österreicherinnen sind im Soll, haben die Partie gegen die Underdogs aus Nordirland 2:0 gewonnen. Norwegen hat auch gegen Nordirland gewonnen. Die Vorzeichen haben sich dennoch ein wenig verschoben, nachdem die Skandinavierinnen in ihrem zweiten Gruppenspiel von England dermaßen abgewatscht wurden (0:8), dass es nicht mehr nur eine Frage der Qualität, sondern auch eine des Selbstvertrauens ist. Österreich reicht jedenfalls ein Remis zum Aufstieg.

Dennoch sind die Norwegerinnen zu favorisieren. Das Team von Martin Sjögren zählt zur Weltspitze, ist Elfter der Weltrangliste (Österreich belegt Platz 21) und kann auf eine erfolgreiche Tradition im Frauenfußball zurückblicken: 1995 Weltmeister, 1987 und 1993 Europameister, 2000 in Sydney Olympia-Gold.

Auf Österreich kommt vor allem geballte Offensivpower zu. Teamchef Sjögren, ein Schwede, sagte vor dem Turnier: "Ich werde vielleicht von vielen als Fußballromantiker bezeichnet, denn bei meiner Philosophie, wenn man es so nennen will, geht es vor allem um Angriffsfußball." Norwegen qualifizierte sich als Sieger der Gruppe C für die Endrunde. Obwohl man aufgrund der Pandemie zwei Spiele weniger absolviert hatte, standen am Ende 18 Punkte und ein Torverhältnis von 34:1 auf dem Konto.

Die goldene Ada

Der große Star des Teams heißt Ada Hegerberg, mit vollem Namen Ada Martine Rogne Hegerberg, sie ist Stürmerin und eine der weltbesten noch dazu. Die Angreiferin von Lyon gewann sechsmal die Champions League, wurde 2018 als erste Frau mit dem Ballon d’Or ausgezeichnet. Bei der Preisverleihung hatte sie Moderator DJ Martin Solveig gefragt, ob sie auf der Bühne "twerken", also lasziv tanzen, wolle. Sie wollte nicht. Der Franzose musste sich anschließend entschuldigen: "Ich wollte natürlich niemanden beleidigen", schrieb Solveig auf Twitter. "Es war ein Witz, vielleicht ein schlechter Witz."

2017 war der Schock groß, als Hegerberg bekanntgab, nicht mehr für das Nationalteam spielen zu wollen. Der Grund: fehlende Unterstützung des Verbandes, ungleiche Bezahlung, unzureichende Zuwendung für den Mädchenfußball. Zu Norwegens Glück gab Hegerberg 2022 ihre Rückkehr bekannt, traf beim Comeback dreifach zum 5:1 über den Kosovo. Warum sie wieder für Norwegen spielen wollte? "Ich liebe Fußball, und ich will Fußball spielen. 2017 habe ich eine Entscheidung getroffen, zu der ich auch gestanden bin. Ich hatte aber viel Zeit, darüber nachzudenken." Seit 2017 werden norwegische Fußballer und Fußballerinnen vom Verband gleich bezahlt.

Zinsberger auf der Hut

Aber Hegerberg ist nicht die einzige Gefahr für das Tor von Österreichs Keeperin Manuela Zinsberger: Caroline Graham Hansen vom FC Barcelona und Chelseas Guro Reiten zählen ebenfalls zu den Besten ihres Fachs. Es wird ein hartes Stück Arbeit für Zinsberger und die rot-weiß-rote Defensive. Zumal Teamchefin Irene Fuhrmann auf Katharina Naschenweng (Corona-positiv) verzichten muss. Vor dem Spiel sagte die Wienerin: "Wir wissen, wie stark Norwegen agieren kann, welch individuell extreme Qualität sie vor allem offensiv haben."

Wichtig sei vor allem die Defensivleistung, mit der die Österreicherinnen in den vergangenen Spielen immer wieder aufzeigen konnten. Bei der EM 2017 kassierten sie nur gegen Frankreich ein Gegentor, bei dieser Endrunde musste Manuela Zinsberger bisher nur beim 0:1 gegen England hinter sich greifen. "Das spricht für die Arbeit des Teams", sagte Fuhrmann.

Der "katastrophale Abend" gegen England (Sjögren) soll aber für Norwegen in Brighton in Vergessenheit geraten. "Wir sind auch in der Vergangenheit nach Rückschlägen zurückgekommen. Wenn es einem Team gelingt, eine Reaktion zu zeigen, dann ist es diese Gruppe an Spielerinnen", sagte der norwegische Teamchef. Hegerberg ergänzte: "Wir wollen uns unseren Stolz zurückerkämpfen und Norwegen in einem besseren Licht präsentieren."

Die Bilanz ist jedenfalls auf Norwegens Seite: vier Siege und ein Unentschieden aus den fünf Spielen, Tordifferenz 12:2. (Andeas Hagenauer aus Brighton, 15.7.2022)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zum dritten Gruppe-A-EM-Spiel von Österreichs Frauen-Fußball-Nationalteam:

Österreich – Norwegen (Freitag, 21.00 Uhr/live ORF 1, Brighton, Brighton & Hove Community Stadium, SR Kateryna Monzul/UKR).

Österreich: Zinsberger – Schiechtl, Wenninger, Schnaderbeck, Hanshaw – Zadrazil, Puntigam, Feiersinger – Hickelsberger-Füller, Billa, Dunst

Ersatz: Kresche, Pal – Wienroither, Georgieva, Degen, Kirchberger, Höbinger, Eder, Schasching, Makas, Enzinger

Es fehlen: Kolb, Naschenweng (beide Corona-Erkrankung), Plattner (Schlüsselbeinbruch)

Norwegen: Pettersen – Sönstevold, Mjelde, Thorisdottir, Blakstad – Maanum, Syrstad Engen – Eikeland, Graham Hansen, Reiten – Hegerberg

Ersatz: Skoglund, Mikalsen – Bergsvand, T. Hansen, Böe Risa, Ildhusöy, Bjelde, S. Hansen, Saevik, Terland, Jösendal, Haug

Weiteres Gruppenspiel am Freitag (21.00 Uhr in Southampton/live ORF Sport +): Nordirland – England