Die Chatkontrolle richtet sich vor allem gegen Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messenger wie Signal oder Whatsapp.

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Der Kampf um die Verschlüsselung ist beinahe so alt wie das Internet selbst. Immer dann, wenn ein effektiver Schutz für die private Kommunikation gefunden wird, bringt das Geheimdienste und Polizeibehörden auf die Barrikaden. So war es schon in den "Crypto Wars" der 1990er-Jahre, so ist jetzt auch wieder bei der Debatte über Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messenger. Selbst die Argumente sind praktisch gleich geblieben, über die Jahre wechseln sich dabei Kindesmissbrauch und Terrorismus laufend ab.

Chatkontrolle

Ein zentraler Schauplatz ist dabei aktuell die Diskussion über die sogenannte Chatkontrolle. Über neue Gesetze will die EU Messenger-Anbieter dazu zwingen, eingehende Bilder direkt auf dem Gerät mit einer Datenbank an einschlägigem Material – oder genauer den zugehörigen digitalen Signaturen – abzugleichen. Werden hier ausreichend Übereinstimmungen gefunden, werden die Nutzer in weiterer Folge an die Behörden gemeldet.

Während Datenschützer angesichts solcher Visionen Alarm schlagen und selbst so manche kritische Stimmen aus der Politik zu vernehmen sind, will man sich in Großbritannien mit solchen Feinheiten offenbar gar nicht herumschlagen und macht lieber Nägel mit Köpfen.

Strafen in Millionenhöhe

Ein Gesetzesentwurf, der derzeit im britischen Parlament diskutiert wird, sieht drakonische Strafen für Messenger-Anbieter vor, die keine Chatkontrolle durchführen wollen. Die Argumentation: "Dinge wie die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung schränken die Möglichkeiten von Plattformen zur Aufdeckung von sexuellem Kindesmissbrauch erheblich ein." So formuliert es zumindest die britische Innenministerin Priti Patel laut einem Bericht von "The Register".

Und "drakonisch" ist in dem Fall als Begriff definitiv nicht übertrieben. Soll es doch Strafen in Höhe von bis zu 21 Millionen Euro oder zehn Prozent des Jahresumsatzes des jeweiligen Anbieters geben.

Kritik

Datenschützer befürchten bei alldem, dass so ein System, wenn es einmal technisch etabliert wurde, schnell auch für die Suche nach anderen Inhalten verwendet werden könnte. Immerhin lässt sich über so eine Datenbank mit digitalen Signaturen prinzipiell auch nach Bildern mit ganz anderen Inhalten suchen. Im schlimmsten Fall könnten also Staaten diese Möglichkeiten auch nutzen, um gegen oppositionelle Aktivistinnen, NGOs oder unliebsame Journalisten vorzugehen.

Unterdessen scheint die Idee einer Chatkontrolle auch außerhalb Europas Fahrt aufzunehmen. So berichtete "Netzpolitik.org" unlängst, dass das Thema auf dem letzten G7-Gipfel in Elmau auf der Agenda stand – und zwar als Teil eines "Aktionsplans zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch". Es gehe darum, entsprechend Inhalte "neben einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung" aufspüren zu können, wie es euphemistisch heißt. Eine Verpflichtung zur Umsetzung gibt es für Staaten dabei bisher zwar noch nicht, allerdings soll das Thema beim nächsten Treffen im November 2022 erneut auf der Agenda stehen. (apo, 15.7.2022)