Die Debatte über einen Strompreisdeckel nimmt immer mehr an Fahrt auf. Hatten zuletzt auch mehrere ÖVP-Landeshauptleute einen solchen gefordert – entgegen ihrem Parteichef, Kanzler Karl Nehammer, der das nur EU-weit für sinnvoll hält –, legte am Donnerstag die SPÖ neuerlich nach. "Ich fordere einen sofortigen Preisdeckel auf Strom in ganz Österreich", sagte Parteichefin Pamela Rendi-Wagner bei einem Medientermin.

Die SPÖ fordere seit zehn Monaten, dass die Preise gesenkt werden müssen. "Wenn jetzt ein Landeshauptmann nach dem anderen die Regierung auffordert, endlich Maßnahmen zu setzen, ist das ein Hilferuf", sagte Rendi-Wagner. Das Krisenmanagement der Bundesregierung erinnere sie an jenes bei der Corona-Pandemie, "wo wir aktuell den dritten verschlafenen Sommer erleben".

Pamela Rendi-Wagner will staatliche Beteiligungen über die Öbag.
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Das gegenwärtige Preisbildungssystem, bei dem der Strom- an den Gaspreis gekoppelt sei, funktioniere in der aktuellen Krise nicht. Es brauche daher einen Preisgipfel, bei dem "Nägel mit Köpfen gemacht" werden. Einen solchen Gipfel hatte ihr Parteikollege, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, bereits aufgebracht: Bund, Länder, die Sozialpartner und Parlamentsparteien, EU-Vertreter sowie Fachleute sollten dabei gemeinsam über ein Antiteuerungspaket beraten. Laut Rendi-Wagner seien in diesem Rahmen auch die Details eines Höchstpreises auf Strom zu klären.

Öbag soll Versorgung sichern

Als Referenzrahmen nannte die SPÖ-Vorsitzende Frankreich, das den Strompreis bereits reguliert hat. Durch diese Maßnahme sei die Inflation dort niedriger als in Österreich. Rendi-Wagner hält hierzulande zwei verschiedene Modelle für denkbar: entweder einen Preisedeckel bei der Strompreisbildung, also einen Markteingriff; oder Zuschüsse bei der Stromrechnung für Konsumentinnen und Konsumenten. Im zweiten Fall ließe sich die soziale Treffsicherheit über gestaffelte Tarife erhöhen. Als Richtwert solle der durchschnittliche Stromverbrauch eines Haushalts von 3500 Kilowattstunden jährlich dienen. Verbrauch darüber hinaus solle nicht mehr gedeckelt werden.

Bei der Energiesicherheit forderte die Oppositionschefin die Bundesregierung ebenfalls zum Handeln auf. Lebensnotwendige Versorgungsbereiche wie Wasser oder Energie dürfe man "nicht allein privaten Unternehmen überlassen". In diesen Bereichen müsse die Versorgung der Bevölkerung durch die öffentliche Hand geschützt sein. Der Staat solle sich daher über die Österreichische Beteiligungs-AG (Öbag) aktiv etwa an Flüssiggas-Terminals beteiligen.

Auch die Grünen Niederösterreichs haben am Donnerstag mit einer Forderung aufhorchen lassen: Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) möge doch als Vertreterin des Mehrheitseigentümers Land Niederösterreich so rasch wie möglich eine außerordentliche Hauptversammlung des Landesenergieversorgers EVN einberufen und dort den Antrag stellen, einen Preisdeckel einzuziehen. Die von der grünen Landessprecherin Helga Krismer ventilierte Idee: den Durchschnittsverbrauch der vergangenen drei Jahre als Basis nehmen und davon 80 Prozent mit einer Preisgarantie versehen, die sich am Niveau von vor dem großen Preisschub orientiert. Jede Kilowattstunde, die über diesen 80 Prozent Durchschnittsverbrauch liegt, sollte zum aktuellen Marktpreis verrechnet werden.

"Damit würden Kundinnen und Kunden der EVN entlastet und dennoch zum Energiesparen angeregt", sagte Krismer im Gespräch mit dem STANDARD. Die Differenz sollte das Land Niederösterreich übernehmen, das mit 51 Prozent an EVN beteiligt ist und auch entsprechend viel an Dividende kassiert. (Martin Tschiderer, Günther Strobl, 14.7.2022)