Auf dem schwarzen Brett hängen in vielen Wohnhäusern den Großteil des Jahres über die Werbung des Pizza-Lokals ums Eck, die Nummer vom Schlüsseldienst und die Kontaktdaten der Hausverwaltung. Nicht so Ende Juni: Bis zu diesem Zeitpunkt müssen Hausverwaltungen die Betriebskostenabrechnung für das Vorjahr legen. In vielen Häusern werden die dicht beschriebenen Zettel ans schwarze Brett gehängt oder mit der Post verschickt – und von den meisten nicht weiter beachtet.
Das könnte sich ändern, berichten Mieterschutzorganisationen, die eine Überprüfungen der Abrechnungen anbieten. "Zu uns kommen jetzt Menschen, die erstmals ihre Betriebskosten überprüfen lassen", sagt Martin Ucik von der Mietervereinigung. Es werde versucht, angesichts steigender Energiekosten und Mieten zumindest bei den Betriebskosten jeden Cent herauszuholen: "Wir sehen eine ziemliche Problematik auf uns zurollen." Betroffen seien nun auch Menschen aus der Mittelschicht, bei denen es früher mit den Wohnkosten nicht so knapp geworden ist.
Ein Blick auf die Abrechnung kann sich lohnen, denn häufig werden Posten weitergegeben, die dort nichts zu suchen haben. Die Interpretation der seitenlangen Zahlenwüsten ist aber nicht ganz einfach.
Regelmäßige Kosten
Was zu den Betriebskosten gehört, ist im Mietrechtsgesetz geregelt – es gilt für Altbauten, gefördert errichtete Neubauten und Genossenschaftswohnungen. Verrechnet werden dürfen nur regelmäßig wiederkehrende Kosten, etwa das Verwaltungshonorar, Stromkosten für allgemeine Flächen, Schneeräumung, Müllabfuhr, Schädlingsbekämpfung, Rauchfangkehrer oder die Hausreinigung.
Gibt es hingegen eine einmalige Reparatur im Haus, etwa eine kaputte Dachrinne oder einen Rohrbruch, müssen das nicht die Mieterinnen und Mieter zahlen, sondern der Vermieter. "Das wird aber sehr häufig weitergegeben", weiß Alexandra Rezaei, Juristin bei der Mieterhilfe der Stadt Wien. Auch Reparaturen am Aufzug würden häufig abgerechnet, ebenso Portokosten, Bankspesen, Telefongebühren, bestimmte Steuern oder Zinsen. Dabei fallen letztere Posten unter das Verwaltungshonorar, das im Altbau 3,60 Euro pro Quadratmeter und Jahr nicht übersteigen darf. Die Grundsteuer, die auch gelistet ist, ist allerdings zulässig, auch wenn Mieterschützerinnen das kritisieren.
Auch ein Blick auf die häufig sehr ausführlich gestaltete Position "Sonstiges" kann sich auszahlen: Hier verstecken sich immer wieder Beträge, die nichts mit den Betriebskosten zu tun haben. Etwa die Instandhaltungsrücklage– das ist jener finanzielle Puffer, der im Eigentum für Sanierungen oder Schäden laut Gesetz angespart werden muss. An die Mieter darf man diese Kosten aber nicht weiterreichen.
Zu hoch abgeschlossen
Unter dem Punkt "Versicherungen" finden sich oft mehr Leistungen als zulässig. Mitunter deshalb, weil es Naheverhältnisse oder wirtschaftliche Beteiligungen von Hausverwaltungen an Versicherungs- oder auch an Reinigungsunternehmen gibt, kritisiert Wolfgang Kirnbauer vom Mieterschutzverband: "Diese Verträge werden gerne zu hoch oder über nicht erbrachte Leistungen abgeschlossen, weil es den Mietern ja eh über die Betriebskosten verrechnet wird", sagt der Jurist, dem auch schon untergekommen ist, dass Hausverwaltungen dafür im Gegenzug Prämien bekommen, die in der Regel nicht nachweisbar sind.
Das erklärt auch, so Kirnbauer, warum die Betriebskosten in Mietshäusern oft höher seien als in jenen, in denen die Wohnungen von Eigentümerinnen und Eigentümern selbst genutzt werden: "Ein paar übliche Verdächtige machen mehr Geschäfte über diese Hausbetreuungsverträge als durch die Verwaltung an sich", sagt er.
Grundsätzlich gilt: Erscheint ein zulässiger Posten ungewöhnlich hoch, geben Durchschnittskosten eine grobe Orientierung. Die Mietervereinigung hat jüngst ihren jährlichen Betriebskostenspiegel veröffentlicht. Er erscheint immer für das vorletzte Abrechnungsjahr und wird aus jenen Rechnungen erhoben, die der Organisation zur Überprüfung vorgelegt werden. Demnach betrugen die monatlichen Nettobetriebskosten 2020 im Schnitt 2,24 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche. Die Mehrheit der vorgelegten Abrechnungen sei zu hoch gewesen. Die Bandbreite der erstrittenen Rückzahlungen lag in den letzten zwei Jahren zwischen 80 und 1.200 Euro.
Recht auf Einsicht
Bei allen Abrechnungsposten haben Mieterinnen das Recht, Belege und auch die Verträge einzusehen, die die Hausverwaltung oder der Vermieter mit den Firmen abgeschlossen hat. Auch das Anfertigen von Kopien ist erlaubt. Wird dies nicht bis Jahresende gewährt, müssen geforderte Nachzahlungen auch nicht geleistet werden, sagt Juristin Rezaei. Die Einschätzung, ob die Höhe bestimmter Posten angemessen ist, ist allerdings nicht ganz einfach: "Laien fehlt hier leider oft der Durchblick", sagt Kirnbauer.
Gibt es bei der Betriebskostenabrechnung Unklarheiten, sollten Mieterinnen und Mieter die Hausverwaltung kontaktieren und um eine Korrektur der Abrechnung bitten. "In den meisten Fällen lässt sich das durch ein Gespräch regeln", sagt Rezaei. Falls nicht, kann bei der Schlichtungsstelle ein kostenloses Überprüfungsverfahren eingeleitet werden – vorausgesetzt, man wohnt im Altbau.
Altbau vs. Neubau
Komplizierter ist das Überprüfen der Betriebskostenabrechnung in nicht geförderten Neubauten und in Ein- und Zweifamilienhäusern. Dort sind die Betriebskosten Vereinbarungssache. "Bis etwa 2006 war es bei Vermietern sehr beliebt, den Mieterinnen alles umzuhängen, was als Kosten angefallen ist. Dann hat der OGH dem einen Riegel vorgeschoben", sagt Kirnbauer. Mittlerweile gibt es viele Konsumentenschutzbestimmungen und Gerichtsurteile, die den Mieterinnen und Mietern diverse Rechte einräumen, sagt Alexandra Rezaei. Auch hier ist es möglich, wenn auch weit kostspieliger, bei zu hohen Abrechnungen vor Gericht zu ziehen.
Mit einer Überprüfung der Betriebskosten lässt sich also unter Umständen Geld sparen. Angesichts davongaloppierender Energiekosten wird das in vielen Fällen aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein, befürchten Mieterschützer. Sie können bei zu hoher Miete oder überbordenden Betriebskosten im Altbau helfen, betont man bei der Mietervereinigung: "Aber bei den Energiekosten sind uns die Hände gebunden." (Bernadette Redl, Franziska Zoidl, 18.7.2022)
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