Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld, Studienbeihilfe und Krankengeld werden an die Teuerung angepasst.

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Wien – Die jährliche Anhebung von Sozialleistungen, die bisher noch nicht valorisiert wurden, kommt ab 1. Jänner 2023. Die nötigen Gesetzesänderungen sind am Freitag in Begutachtung gegangen, wie Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) in einer Pressekonferenz mitteilte. Künftig werden Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld, Studienbeihilfe und Krankengeld jährlich an die Teuerung angepasst. Nachgeschärft wird auch bei der Unterstützung zum kommenden Schulstart.

Bis 2026 werden laut Rauch für die Valorisierung rund vier Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten veranschlagt. Als Betrachtungszeitraum fungiert die Inflationsentwicklung vom August des Vorjahres bis Juli des jeweiligen Jahres. Die Anpassung wird also – analog zu den Pensionen – jährlich festgelegt. Leistungen wie Pflegegeld oder Sozialhilfe werden schon jetzt valorisiert.

AK-Direktor kritisiert "sadistische Regeln" bei Kinderbetreuungsgeld

Derzeit dürfte es aber – Valorisierung hin oder her – schon bei der Beantragung von bestimmten Sozialleistungen, speziell beim Kinderbetreuungsgeld, massive Probleme geben. Der Weg für junge Eltern sei "mit bürokratischen Schikanen gespickt", sagte der Direktor der Bundesarbeiterkammer (AK) Christoph Klein zu "Wien Heute" am Donnerstag. "Wir haben so hohe Beratungszahlen, dass wir merken: Die meisten Eltern kommen ohne Beratung überhaupt nicht zum Kinderbetreuungsgeld", so Klein weiter. Im Jahr 2021 habe es alleine in Wien 13.000 Beratungen zu diesem Thema gegeben. "Viele verlieren durch diese geradezu sadistischen Regeln das Kinderbetreuungsgeld oder Teile davon, ohne dass man ihnen irgendwas vorwerfen könnte", sagte Klein abschließend.

Laut einem Statement der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ist man dort bemüht, das Problem zu beheben: "Derzeit ist eine Steigerung der Kundenkontakte merkbar. Innerhalb der ÖGK haben wir bereits Maßnahmen gesetzt, dass wir unsere Kundinnen und Kunden zeitgerecht servicieren können", lautet die Antwort der ÖGK auf Anfrage von "Wien Heute".

"Wien Heute" berichtete am Donnerstag über die Hürden für Eltern bei der Beantragung von Sozialleistungen.
ORF

AK kritisiert in offenem Brief "gravierende Problemfelder"

AK-Direktor Klein und AK-Präsidentin Renate Anderl wenden sich nun in einem offenen Brief an Familienministerin Susanne Raab (ÖVP). Darin benennen sie drei "gravierende Problemfelder": Erstens weise das geltende Gesetz bürokratische Fallstricke auf, die den Anspruch auf Familienleistung vernichten oder reduzieren würden, zweitens seien vor allem Eltern, die nach Österreich pendeln, mit einer "bürokratischen Odyssee" konfrontiert und drittens zeige eine Studie des Ministeriums selbst, dass die Väterbeteiligung in der Karenz mit den derzeitigen Normen offenbar nicht erreicht werden könne.

1,3 Millionen Menschen sollen profitieren

Die Valorisierung der Sozialleistungen geht nun unterdessen für sechs Wochen in Begutachtung. Der Beschluss im Nationalrat soll im Herbst erfolgen. Ab 1. Jänner 2023 wird dann erhöht, also "punktgenau in die Teuerung", wie es der Ressortchef formulierte. Laut Rauch werden von den Erhöhungen rund 1,3 Millionen Menschen profitieren.

Er verwies auch auf die ebenfalls bereits vereinbarte Auszahlung einer erhöhten Familienbeihilfe im August. Geplant ist eine Sonderzahlung von 180 Euro. Zusätzlich werde es nun eine weitere Unterstützung für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen geben, verkündete Rauch. Sie erhalten zusätzliche Gutscheine für den Kauf von Schulsachen.

Zwei Millionen für Schulstart-Gutscheine

Vorgesehen waren heuer Bons in der Höhe von 80 Euro. Nun wird angesichts der Inflationsentwicklung aufgestockt. "Weil wir stehen vor einer deutlichen Belastungssituation in den nächsten Monaten", sagte Rauch. Konkret erhalten rund 50.000 Schulkinder weitere Gutscheine in der Höhe von 40 Euro.

In den Vorjahren waren Warenpakete im Wert von bis zu 100 Euro verteilt worden. Dass heuer eine Kürzung ins Haus stand, hatte zuletzt für Kritik gesorgt – sei aber dem Umstand geschuldet gewesen, dass es weniger EU-Förderung gebe, erläuterte Rauch. Nun werde aus eigenen Budgetmitteln erhöht. Zwei Millionen Euro werden laut dem Minister zusätzlich aufgewendet. (APA, lew, 15.7.2022)