Autor Ilija Trojanow wird am 26. Juli in der Felsenreitschule die Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele halten.

Foto: Thomas Dorn

Salzburg – Der Autor Ilija Trojanow wird am 26. Juli in der Felsenreitschule die Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele halten. Warum diese den Titel "Der Ton des Krieges, die Tonarten des Friedens" trägt und welche Themen er in welcher Tonalität ansprechen wird, verriet er gegenüber der APA bereits vorab: "Der Unterschied zwischen Salzburg und Moskau ist, dass in Salzburg die Reichen und Mächtigen, die im Publikum sitzen, sich Unangenehmes anhören müssen. Es ist ihnen zumutbar."

Wie man dem Titel entnehmen könne, handle die Rede vom Verhältnis zwischen Kunst und Macht. Die Frage laute, welche Folgen der aktuell herrschende Krieg – abseits Offensichtlichem wie Mord und Gewalt – haben werde, so Trojanow. Wie wird sich unser Denken und Reden durch eine monotone Sprache des Krieges verändern? Weiter appelliert er, Frieden bewusst zu schaffen und nicht die Anwesenheit von Krieg "gemütlich" zu konsumieren. "Wir müssten meines Erachtens größere Anstrengungen unternehmen, um lauernde Aspekte des Kriegerischen zu tilgen, um die Schatten und Spätfolgen des kriegerischen Denkens zu bekämpfen. Wir sind noch nicht friedenstauglich genug."

Der 56-Jährige weist darauf hin, dass wir zu viel von Kriegsverbrechen und zu wenig davon sprechen würden, dass Krieg an sich ein Verbrechen sei. "Ich glaube hingegen nicht, dass es Aufgabe der Künstler und Intellektuellen ist, Analysen über Waffenarten abzugeben und Empfehlungen über Flugverbotszonen", so Trojanow in Bezug auf herrschende Pazifismus-Debatten. Auf die Frage, welche Aufgabe die Kunstszene hätte, entgegnet er: "grundsätzliche Vorbedingungen zu analysieren und die Eintönigkeit des Krieges zu konterkarieren". "Kunst, wenn sie gelingt, lässt sich nicht propagandistisch instrumentalisieren. (...) Krieg ist einfältig, ein Stümper. Kunst dagegen ist die Befreiung in die Unendlichkeit des Möglichen."

Russische Künstler, russisches Geld

In Zusammenhang mit der Sponsoring-Debatte rund um die Festspiele habe Trojanow eine klare Meinung, sagte er im APA-Gespräch. Diese werde er in seiner Rede auch kundtun. Und auch seine Haltung zum Umgang mit russischen Künstlerinnen und Künstlern ist deutlich: Wenn schon von Künstlern ein "ethischer Persilschein" gefordert werde, so der Autor, solle dies konsequent bei allen getan werden. "Die Frage ist: Reden wir von individueller Verantwortung? Also von jemandem – und da gibt es ja Beispiele –, der tatsächlich zum engsten Kreis um Putin gehört? Jemand, der nach den Verbrechen der Russen in Syrien Konzerte gegeben hat? Dann hätte ich auch Probleme, so jemanden einzuladen. Oder findet so etwas wie Sippenhaftung statt? Das finde ich problematisch." Für völlig inakzeptabel befindet Trojanow, bereits verstorbene Künstlerinnen zu canceln. "Überlegen Sie sich mal, wie viele Leute wir aus unserem Kanon herauswerfen müssten!"

Ilija Trojanow wurde 1965 in Sofia geboren. 1971 bekam seine Familie Asyl in Deutschland. Er wuchs in Nairobi auf und studierte in München. Als Autor, Übersetzer und Publizist lebte Ilija Trojanow von 1998 bis 2003 in Bombay, von 2003 bis 2006 in Kapstadt. Seit 2008 ist er in Wien und Stuttgart zu Hause. Als Autor und Proponent der Zivilgesellschaft greift er immer wieder heiße Themen auf, von der Migration bis zum Überwachungsstaat. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen "Die Welt ist groß und Rettung lauert überall" (1996), "Der Weltensammler" (2006), "EisTau" (2011) und "Macht und Widerstand" (2015). (APA, red, 15.7.2022)