Usain Bolt in Pose. Das waren Zeiten.

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Die Startblöcke in Eugene harren der kommenden Ereignisse.

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Dass in diesem Stadion die Geburtsstunde eines neuen Superstars schlagen wird, ist nicht sehr wahrscheinlich aber auch nicht auszuschließen.

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Eugene – Usain Bolt hatte Besseres zu tun. "Ihr Jungs habt mir eine Chance gegeben, und ich weiß das zu schätzen", sagte der bekannteste Leichtathlet der Welt. Dem doppelten Weltrekordler wurde in dieser Woche die Ehrendoktorwürde der Universität von Brunel in London verliehen. Das ist schön für Bolt, hilft aber einer Sportart nicht weiter, die bei der WM in Eugene verzweifelt nach einem neuen Aushängeschild sucht.

"Wir müssen unsere Athleten auf ein gewisses Level bringen. Nur dann wächst unser Sport", sagt Willie Banks. Der erste Dreisprung-Weltmeister der Geschichte ist eine Lichtgestalt der amerikanischen Leichtathletik, als Experte wird auch sein Wort vor den Titelkämpfen gehört. Nur: Obwohl die olympische Kernsportart in manchen Disziplinen ein irres Niveau erreicht hat, fehlt ihr der Superstar vom Format eines Bolt. "Es geht um Typen", sagt Banks, 1983 in Helsinki Weltmeister. Nur: Wer sollen die anno 2022 sein?

Ausnahmekönner

Der Leistungsstand ist derzeit sagenhaft: Einen 6,20-m-Stabhochspringer von der Fähigkeit des Schweden Armand Duplantis gab es nie zuvor. Dass jemand wie der Norweger Karsten Warholm die Hürden-Runde unter 46 Sekunden läuft? Lange undenkbar. Dass die US-Amerikanerin Sydney McLaughlin dies in 51,41 Sekunden schafft? Schierer Wahnsinn.

Nur: Es scheint derzeit und vor diesen Weltmeisterschaften nicht diese Lichtgestalt zu geben, die jedem ein Begriff ist. Wie eben Usain Bolt oder ein Carl Lewis, der diese Sportart für die Masse so bekannt gemacht hat.

Aktuell sind die Stars der Szene rar. "Seht euch Allyson Felix an", sagt Sanya Richards-Ross, selbst als viermalige Olympiasiegerin eine der besten 400-m-Läuferinnen der Geschichte: "Was Allyson gemacht hat, als schwarze Frau, hat diese Sportart auf ein komplett neues Level gehoben."

Felix ist 36, sie wird bei der WM in Eugene ihre Karriere beenden. Mit sieben Olympiasiegen und 13 Weltmeister-Titeln ist diese Laufbahn einzigartig. Und doch ist eine der größten Athletinnen der Welt eher den Fachleuten ein Begriff. Felix ist kein Bolt, kein Lewis.

"Wir müssen unsere besten Athleten so gut bezahlen, dass sie ein Investment darstellen. Dass sie diesen Sport bekannt machen", sagt Ex-Dreispringer Banks.

Im Jahr fünf nach dem Karriereende von Bolt ist die Leichtathletik, so riesig ihr Niveau sein mag, eine Sache für Enthusiasten geworden. Bolt fehlt – da hilft auch kein Ehrendoktortitel. (sid, 15.7.2022)